263
J
Ein Devolutionsrecht, wie solches auch hinsichtlich der niederen Schulen in Aussicht genommen
ist (8. 55), muß der Aufsichtsbehörde ebenfalls hinsichtlich der höheren Schulen gewahrt werden,
damit sie im Stande ist, die durch ungebührliche Verzögerung der Wiederbesetzung einer erledigten
Stelle für die Schule entstehenden Nachtheile zu verhindern. Nur ist hier eine längere Frist für
die Präsentation gewährt, weil bei den höheren Schulen die Erlangung tüchtiger Lehrer, welche
dem gerade obwaltenden besonderen Bedürfniß genügen, schwieriger ist. I
Unter den Religionslehrern sind nur diejenigen verstanden, welche ausschließlich als solche
und in der Regel auch für den hebräischen Unterricht berufen werden; unter der kirchlichen Behörde
aur die kirchliche Oberbehörde.
Zu 8. 145. Das jetzt gültige Reglement für die Prüfungen pro facultate docendi, dessen
Revision eingeleitet ist, besteht nach seinem wesentlichen Theil seit dem Jahre 1831. Es ordnet
eine mündliche und schriftliche Prüfung und Probelektionen an. Die Zulassung zur Prüfung wird
aur auf den Nachweis des auf einem Gymnasium erworbenen Zeugnisses der Reife für die Uni—
oersität und der Absolvirung des akademischen Trienniums gewährt, von welchem Nachweis der
Minister der Unterrichts- Angelegenheiten ausnahmsweise dispensiren kann. Nach dem Maß der
dokumentirten wissenschaftlichen Vorbereitung wird den Schulamts-Kandidaten eine unbedingte oder
bedingte facultas docendi zugesprochen, und zwar entweder in den alten Sprachen und im Deut—
schen, oder in der Geschichte und Geographie, oder in der Mathematik und den Naturwissenschaften,
oder in der Religionslehre und im Hebräischen, oder in den neueren Sprachen. Besondere Prü—⸗
ungen pro loco und pro ascensione sind vorbehalten. — Die zu einem Direktorat designirten
Lehrer haben vor Antritt desselben ein colloquium pro rectoratu zu bestehen. Abgehalten werden
diese Prüfungen und Colloquia von den Wissenschaftlichen Prüfungs-Kommissionen, welche von dem
Minister der Unterrichts-Angelegenheiten alljährlich neu zusammengesetzt werden.
Die Aspiranten auf Lehrerstellen für den Unterricht im Zeichnen müssen über ihre Qualifi—
kation das Zeugniß einer Kunstakademie beibringen.
Zu 8. 146. Entsprechende Anforderungen werden bei den hier nicht ausdrücklich erwähnten
sechnischen Lehrern gestellt, sofern ihre definitive Anstellung im Interesse der betreffenden Schule
iegt. Nur solche Lehrer, welche der Anstalt ganz angehören, können definitiv angestellt werden.
Ohne daß die wissenschaftliche oder technische Qualifikation und die sittliche Integtität eines Lehrers
zinlänglich beglaubigt ist, kann selbstverständlich auch eine provisorische Anstellung nicht stattfinden.
In Bezug auf die Anstellung von Ausländern genügen die darüber bestehenden Bestimmungen.
Zu 8. 147. Vergl. Allg. Landrecht. Thl. II. Tit. 12. 8. 65. Die Bezugnahme auf die für die
Staatsbeamten allgemein gültigen Verordnungen macht eine besondere Bestimmung über die Annahme
don Nebenämtern unnöthig. Unter den Begriff remunerirter Nebenämter, um die allein es sich dabei
handelt, wird die Ertheilung von Privatunterricht und das Halten von Pensionären nicht befaßt.
Zu 8. 148. Der den Lehrern nöthige Schutz gegen unbillige Zumuthungen an ihre Arbeits—
kraft kann ihnen am sichersten unter Zugrundelegung der von dem Minister der Unterrichts-Ange—
legenheiten zu erlassenden Lehrerinstruktion von der Provinzial-Aufsichtsbehörde gewährt werden,
welche die allgemeinen Anforderungen mit den im Einzelnen zu nehmenden Rücksichten auf das
Alter, auf die Nothwendigkeit einiger Muße zu weiteren Studien, auf die besonderen Verhältnisse
des Lehrers und der Anstalt, sowie auf die Zahl der ihm obliegenden Korrekturen u. s. w. am
besten auszugleichen im Stande ist.
Zu 8. 149. Der 8. 149 beabsichtigt, sowohl die Lehrer wie die Schulen vor den Verlegen—
heiten zu schützen, welche ohne solche Festsetzungen leicht entstehen können. Der Provinzial-Aufsichts—
behörde muß es überlassen werden, in außerordentlichen Fällen nach Befinden Ausnahmen davon
zu genehmigen, welche auf Grund eines besonderen Abkommens der Betheiligten bei ihr beantragt
werden.
Zu 8. 150. Ueber den Umfang der Mittel, deren eine höhere Schule zu ihrer zweckentspre—
chenden Unterhaltung bedarf, kann nur die Aufsichtsbehörde im konkreten Fall entscheiden. Es ver—
steht sich von selbst, daß, wo durch die Stiftungs-Urkunde oder sonstige spezielle Rechtstitel ein
rechtliches Fundament gegeben ist, um eine nothwendige Erhöhung der Dotation herbeizuführen,
hiervon nöthigenfalls Gebrauch zu machen ist. Wo es daran fehlt, hat die Aufsichtsbehörde nur das
indirekte Mittel, der höheren Lehranstalt die ihr als solcher zustehenden Berechtigungen zu entziehen,
wenn von den bei ihrer Erhaltung Betheiligten die nothwendigen Mittel zu ihrer ordnungsmäßigen
Fortführung verweigert oder nicht aufgebracht werden können.
Zu 8. 151. Die Widerruflichkeit der Staatszuschüsse, welche nicht auf rechtlicher Verpflichtung
beruhen, beim Wegfall des Bedürfnisses, folgt aus dem Begriff des Bedürfnißzuschusses.