265
halten, innerhalb deren die den besonderen Verhältnissen jeder Anstalt und den leitenden wie den
lehrenden Persönlichkeiten gebührende Freiheit hinlänglichen Raum findet.
Besonders nöthig sind Bestimmungen, welche ein Uebermaß der Frequenz in den einzelnen
Klassen und den ganzen Anstalten, ferner solche, die eine Ueberladung des Lehrplans und eine schäd—
liche Anstrengung der Schülerinnen verhindern.
Maß und Behandlung der Unterrichtsgegenstände muß sich nach der Hauptaufgabe dieser
Schulen richten, welche nicht sowohl im Wiffen und in einer Ansammlung von Kenntnmissen, als
dielmehr in der Bildung der sittlichen Persönlichkeit und in der Gewöhnung an Klarheit des Den—
kens liegt.
Zu 8. 159. Der Begriff einer höheren Töchterschule ist noch nicht festgesetzt; ihr Name wird
gegenwärtig unterschiedslos auf alle Schulen für das weibliche Geschlecht angewandt, in denen ein
über den Lehrplan der Elementarschule hinausgehender Unterricht ertheilt wird. Es kann auch diesem
Gebiet nur förderlich sein, wenn, bei einer Sonderung der vorhandenen Anstalten, die zweckmäßig
eingerichteten und ausgestatteten von der obersten Unterrichtsbehörde ausdrücklich als höhere Schulen
anerkannt und, soweit die Verschiedenheit der Verhältnisse es zuläßt, unter die für viese Kategorie
oon Schulen geltenden Bestimmungen befaßt werden.
Die Anerkennung wird in jedem einzelnen Fall von dem Minister der Unterrichts-Angelegen—
heiten auf den Antrag der betreffenden Provinzialbehörde ausgesprochen, welche das Vorhandensein
des dazu Erforderlichen nachzuweisen hat.
Zu 8. 160. Durch diese Anerkennung werden die betreffenden höheren Töchterschulen dem
Vertrauen des Publikums in höherem Maße als die übrigen empfohlen. Außerdem ist zu erwarten,
daß diese Anerkennung, da sie den Lehrern und Lehrerinnen solcher Anstalten die Rechte der an den
übrigen öffentlichen höheren Schulen angestellten Lehrer sichert, auf die Zusammensetzung ihrer Lehrer—
kollegien einen heilsamen Einfluß haben werde.
IV. Privatunterrichtswesen.
Das Privatunterrichts- und Erziehungswesen im Preußischen Staate ist bis jetzt nach Maß⸗
gabe der zur Ausführung der Allerhöchsten Ordre vom 10. Juni 1834 (Gesetz⸗ Sammlung S. 135)
erlassenen Staats-Ministerial-Instruktion vom 31. Dezember 1839 regulirt und beaufsichtigt wor—
den. Die inzwischen auf verschiedenen Gebieten des öffentlichen Lebens eingetretenen wesentlichen
Veränderungen lassen mehrere Modifikationen in den Grundsätzen dieser Instruüktion als nothwendig
und ausführbar erscheinen.
Zunächst können unbedenklich die in jener Instruktion mehrfach enthaltenen Bezugnahmen auf
das politische Verhalten der Privatlehrer und auf ihre Theilnahme an unerlaubten Verbindungen
der jetzigen Gesetzgebung gegenüber in Wegfall gebracht werden. Ebenso können die Vorschriften der
Instruktion über die Unbescholtenheit und den bisherigen sittlichen Wandel der zu konzessionirenden
Privatlehrer entbehrt und kann es der die Konzession ertheilenden Behörde überlassen werden, sich
die erforderlichen Informationen zu verschaffen. Ferner erscheint es mit Rücksicht auf das persön—
liche elterliche Recht durchaus geboten, wie im 8. 161 geschehen ist, Eltern und deren Stellvertreter
'owohl für sich, als für die von ihnen zur haͤuslichen Erziehung angenommenen Mitglieder ihres
Hausstandes von jedem der Behörde zu liefernden Nachweis der Befähigung zu entbinden.
Hinsichtlich solcher Kinder, welche nur auf den häuslichen Unterricht angewiesen sind, hat die
Staatsbehörde äußersten Falls die nöthigen Mittel in der Hand, dafür zu sorgen, daß dieselben
aicht des im 8. 2 des Entwurfs vorgeschriebenen Unterrichts verlustig gehen, wie solches nach Maß—
zabe des zweiten Alinea im Art. 21 der Verfassungs-Urkunde erforderlich ist. Endlich müssen im
. 168 den Privatlehrern gegenüber eventuell erforderliche Regressiv-Maßregeln im Anschluß an
hereits bestehende gesetzliche Bestimmungen normirt werden.
Auf die religiösen Verhältnisse der Eltern und ihrer Kinder ist in dem 8. 165 die gebührende
Rücksicht genommen worden.
Die anderweiten Bestimmungen des Gesetzes über das Privat-⸗Unterrichtswesen ergeben sich
als nothwendig aus den in den Art. 21 und 23 der Verfassungsurkunde ausgesprochenen Grund—
ätzen, daß nämlich der Staat verpflichtet ist, durch öffentliche Schulen genügend für die Bil—
dung der Jugend zu sorgen und daß auch die Privatunterrichts-— und Erziehungs-Anstalten unter
die Aufsicht des Staates gestellt sind. Außerdem darf nicht außer Acht gelassen werden, daß es
Recht und Pflicht des Staates ist, soweit es ohne Beeinträchtigung der persönlichen Freiheit ge—
schehen kann, der Bevölkerung die Bürgschaft zu geben, daß auch'in dem Privatunterricht sittuch