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ind wissenschaftlich untüchtige Elemente nicht eindringen können. Der Staat nimmt für das von
hm eingerichtete öffentliche Schulwesen kein Monopol in Anspruch; er giebt der Familie den Unter—
richt und die Erziehung im Hause vollständig frei; er hat nur zu verhüten, daß durch das Privat—
Unterrichtswesen seine eigenen Zwecke und die Erxistenz des öffentlichen Schulwesens gefährdet werden.
Die eigenthümlichen Verhältnisse und Bedürfnisse der Rettungs-, Besserungs- und Waisen⸗
häuser, in welchen unter Umständen die Zwecke der Erziehung und sittlichen Einwirkung in erste
Linie zu stellen sind, macht es wünschenswerth, von der Beschäftigung in ihnen für diese Zwecke
vorzugsweise befähigte Perfsönlichkeiten nicht unbedingt auszuschließen, auch wenn sie nicht im Stande
sein sollten, den vollständigen Nachweis der von Lehrern fuͤr Volksschulen erforderlichen wissenschaft—
ichen Bildung zu führen. Dieser Nachweis ist im Entwurf zur Regel erhoben, mit Rücksicht auf
die angeführten Verhältnisse im 8. 169 aber eine Ausnahme von der Regel offen gelassen, welche
zu gestatten der Bezirks-Regierung zusteht.
V. Verhältnisse der Juden und Dissidenten zu den öffentlichen Volksschulen.
(8. 170 C 178.)
Die Schulverhältnisse der Juden sind zuletzt durch das Gesetz vom 23. Juli 1847 (Gesetz-
ZSammlung S. 275) in den 88. 60 — 67, die der von der Landeskirche sich getrennt habenden
Lutheraner in Folge der General-Konzession vom 23. Juli 1845 (Gesetz, Sammlung S. 516) durch
das Reskript des Ministers der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten vom 29. September 1845 geordnet
vorden. Hinsichtlich des Schulwesens der in den letzten Jahrzehnten entstandenen freien religibsen,
Dissidenten-Gesellschaften hat bisher nur auf dem Wege der administrativen Verfügung Bestimmung
getroffen werden können.
Die in den 88. 170 — 178 des Entwurfs enthaltenen Bestimmungen gehen von folgenden
Grundsätzen aus.
l. Nach 8. 17 des Entwurfs darf keinem Kinde wegen Verschiedenheit des Glaubensbekennt⸗—
aisses der Besuch der öffentlichen Volksschule versagt werden. Kein Kind kann aber zur
Theilnahme an dem Religionsunterricht eines von dem seinigen verschiedenen Bekenntnisses
ingehalten werden.
Die Vorsteher religiöser Vereine, welche der Staat als solche zuläßt, werden auch ohne
veiteren Nachweis als befähigt angesehen, den Kindern der diesem Verein Angehörigen einen,
»en religiösen Unterricht der öffentlichen Schule vertretenden Religionsunterricht zu ertheilen.
dZinsichtlich eines solchen Religionsunterrichts nimmt der Staat das Aufsichtsrecht nur dahin
n Anspruch, daß in demselben nichts den Staatsgesetzen Widersprechendes, die Treue gegen
»en König und die Sittlichkeit Gefährdendes enthalten sein darf.
Die mit Korporationsrechten versehenen religiösen Vereine können die Kinder ihrer Ange—
hörigen an dem Unterricht der öffentlichen Volksschulen Theil nehmen lassen, ohne zur Be—
autzung des Religionsunterrichts in der Schule verbunden zu sein. Oder sie können für
ihre Kinder Privaätschulen einrichten, ohne daß die im 8. 165 des Gesetzes vorbehaltene Be—
dürfnißfrage in Betracht gezogen wird. Oder sie können endlich öffentliche Volksschulen an—
legen, in welchem Falle diese Schulen hinsichtlich ihrer Unterhaltung dieselben Rechte genie—
ßen, wie die christliche Konfessionsschule gegenüber der bürgerlichen Gemeinde (8. 18 u. 8. 48).
Aus diesen Grundsätzen ergeben sich die Einzelbestimmungen in den 88. 170178, welche
zie nicht zur evangelischen und römisch-katholischen Kirche gehörigen Einwohner des Staats hin—
ichtlich der Schulbedürfnisse ihrer Kinder in vielen Beziehungen gegen den jetzt vorhandenen Zustand
zünstiger und freier stellen, mit Nothwendigkeit von selbst, der im 8. 172 Alinea 3 und im 8. 173
ür die Bezirks-Regierung gemachte Vorbehalt wegen Ernennung eines technischen Mitgliedes im
Vorstand solcher Schulen und die Unterordnung der letzteren unter die Kreis-Schul-Inspektion ist
erforderlich, wenn mit Rücksicht auf die sehr verschiedenen lokalen Verhältnisse die Erreichung der
Zwecke einer wirksamen Schulaufsicht sichergestellt werden soll.
Der Vollständigkeit wegen wird hier noch der Abschnitt, „die Universitäten betreffend“,
abgedruckt, wie derselbe in dem dem Staatsministerium vorgelegten Entwurf enthalten war.