Full text: Die Gesetzgebung auf dem Gebiete des Unterrichtswesens in Preußen

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ttatt dessen die Universitäten unter ein allgemeines Gesetz zu stellen, welches der individuellen 
Entwickelung keinen Raum läßt. Andererseits war jedoch auch in dieser Beziehung die Ver— 
heißung des Artikels 26 der Verfassungs-Urkunde, daß der Verwaltung des gesammten Unter— 
richtswesens eine allgemein gesetzliche Grundlage gegeben werden solle, zu erfüllen. 
Von diesem allgemeinen Gesichtspunkt aus ist in den vorliegenden Entwurf nur Das— 
jenige aufgenommen, was entweder allen Universitäten bereits gemeinsam ist oder was ihnen 
in Ermangelung zureichender Gründe für zur Zeit bestehende Unterschiede, gemeinsam werden 
soll, wobei davon ausgegangen ist, daß die bestehenden Gesetze und Statuten, soweit sie nicht 
durch den Entwurf abgeändert werden, überall in Kraft bleiben. Folgt hieraus mit Noth— 
wendigkeit, daß der Entwüurf einerseits kein in sich geschlossenes Ganzes darstellt, andrerseits 
einzelne Materien, in denen die bisherigen Bestimmungen lückenhaft sind, mit größerer Aus— 
ührlichkeit behandelt, als ihnen nach ihrer Beziehung zu dem gesammten Organismus der 
Universitäten auf den ersten Blick zuzukommen scheint, so konnte doch dieser Rücksicht als 
einer bloß formalen keine wesentliche Bedeutung zugestanden werden, zumal die Nachtheile, 
welche sich daraus für die Disposition des Entwurfs ergeben, nur durch eine, wenn nicht 
schädliche, so doch durchaus entbehrliche Kodifikation des gesammten vorhandenen Rechtsstoffs 
hätten vermieden werden können. 
Die Universitäten selbst oder deren Behörden über etwa wünschenswerthe Neuerungen 
zu hören, lag insofern kein Bedürfniß vor, als dies im Jahre 1849 geschehen ist, und die 
damals von denselben gemachten Vorschläge bei dem vorliegenden Entwurf erwogen worden sind. 
Zu den einzelnen Bestimmungen des Entwurfs findet sich Folgendes zu bemerken: 
Ad 8. 202. Die Aufgabe der Universitäten zu definiren, erscheint in einem, das ge— 
sammte Unterrichtswesen umfassenden Gesetz, welches jeder Kategorie der dem Unterricht ge— 
wvidmeten Anstalten ihre bestimmte Stellung anzuweisen hat, nicht überflüssig. Die Fassung 
sst so gewählt, daß sie die verschiedenen Aufgaben der Universitäten erschöpft und alles Fremd— 
artige ausschließt. 
Ad 8. 203. Der Charakter der bestehenden Universitäten als Staatsanstalten unterliegt 
keinem Zweifel. Ihn im Gesetz auszusprechen, empfiehlt sich, um den Eintritt künftig etwa 
»ntstehender Anstalten, welche gleiche Ziele verfolgen, in die Reihe der Universitäten von der 
Anerkennung des Staats abhängig zu machen. Korporationsrechte stehen den Universitäten 
nach 8. 67. II. 12. A. L. R. zu. Ein Bedürfniß, diese Rechte auch den einzelnen Fakultäten 
beizulegen, ist nicht anzuerkennen, weil auch für solche Vermögenstheile, welche den besonderen 
Zwecken einzelner Fakultäten dienen, in der juristischen Persönlichkeit der Universitäten eine 
ausreichende Vertretung gegeben ist. 
Ad 8. 204. Die Universitäten haben außer dem Ertrage ihres eigenthümlichen Ver— 
mögens keine Einnahmequellen. Das zu ihrer Unterhaltung Fehlende kann ihnen in Erman— 
zelung anderer Verpflichteten nur vom Staat gewährt werden, welcher sich dieser Aufgabe 
auch bisher nicht entzogen hat. Daß für diese Zuschüsse das wirkliche Bedürfniß maßgebend 
ist, liegt in der Natur der Sache. 
Ad 8. 205. Die Nothwendigkeit, die Universitäten über eine beabsichtigte Veränderung 
ihrer Statuten vorher zu hören, ist nur die Anwendung eines allgemeinen, im 8. 62 der Ein— 
leitung zum A. L. R. ausgesprochenen Rechtsgrundsatzes. 
Ad 8. 207. Daß der Rektor nur aus der Zahl der ordentlichen Professoren hervor— 
gehen kann, ist zwar nicht in allen Statuten ausdrücklich ausgesprochen, liegt aber in der 
Natur der Sache und ist in der Praxis nie bezweifelt worden. Der Modus der Rektorwahl 
st nicht durchweg derselbe. Bei einigen Universitäten wählen die sämmtlichen ordentlichen 
Professoren allein, bei andern in Gemeinschaft mit dem Universitätsrichter. Diese und andere 
Verschiedenheiten des Wahlmodus zu beseitigen, fehlt es an ausreichender Veranlassung. Eine 
Allerhöchste Bestätigung des Rektors findet bisjetzt nur bei der Universität Berlin statt. Der 
Wichtigkeit seiner Stellung aber kann es nur entsprechend erachtet werden, wenn dieser Vorzug, 
wie der Entwurf beabsichtigt, allen Universitäten beigelegt wird. Die Erwähnung des Pro—
	        
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