Full text: Die Gesetzgebung auf dem Gebiete des Unterrichtswesens in Preußen

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einer Pension für einen, eine volle Dienstzeit von 40 Jahren hinter sich habenden Lehrer 
hat festgesetzt werden können. Wo das Gesammt-Einkommen ein höheres als 200 Thaler 
ist, wird dann auch eine entsprechende Erhöhung der Minimal-Summe von 120 Thaler 
eintreten. Der wesentliche Gewinn, welcher durch dieses Gesetz beabsichtigt wird, ist einer— 
seits diese Erhöhung, welche gegen den gegenwärtigen Zustand eine wesentliche Verbesserung 
für den Lehrerstand enthält, und andererseits der Gewinn, daß hinfort die Lehrer-Pension bis 
zum Betrage von 120 Thlr. nicht mehr aus dem Einkommen der Stelle erhoben werden 
soll, sondern daß die Stelle bis zum Betrage von 200 Thlr. völlig unverkürzt und außer— 
dem das Plus über 200 Thlr. mit 2 dem Nachfolger zum Genusse verbleibt. 
Der letzte Gesetzentwurf endlich hat zum Gegenstande die Erweiterung, Umwande— 
lung und Neuerrichtung der Wittwen- und Waisenkassen für Elementarlehrer. 
Auch hier begegnen wir einem lebhaft empfundenen Bedürfnisse. Die Fürsorge für 
die Wittwen und Waisen der Elementarlehrer läßt sehr viel zu wünschen übrig. Die 
Haupthülfe, die bisher hat gewährt werden können, besteht in der Bildung von Unterstützungs— 
kassen für Wittwen und Waisen, die einestheils auf den eigenen Beiträgen des Lehrer— 
standes beruhen, anderentheils auf Dotations-Kapitalien, welche die Staats-Regierung bei 
ihrer Gründung gegeben hat, endlich auf außerordentlichen Einnahmen, namentlich Kollekten, 
die zur Verstärkung dieses Fonds bewilligt worden sind. Diese Wittwen- und Waisenkafsen 
bestehen in dem größten Theile der Monarchie. Nur einige wenige Bezirke haben keine 
solche. Sie sind aber nicht überall auf gleichen Prinzipien und mit gleichem Erfolge ins 
Leben getreten. Am günstigsten haben sie sich in der Rheinprovinz entwickelt, wo von vorn 
herein ein höherer Satz von 3 Thlr. und mehr, als Beitrag für die Wittwenkassen gefordert 
worden ist, und wo mit Hülfe dieser Beiträge es im Laufe der Zeit dahin gekommen ist, 
daß Pensionen bis zu 50 Thlr. gereicht werden können, wie solches namentlich im Düssel— 
dorfer Regierungsbezirke jetzt geschehen kann. In den östlichen Regierungsbezirken sind die 
Pensionen weit geringer. Sie erheben sich zuweilen nur auf die niedrige Summe von 
12 Thlr.; andere steigen auf 20, 21 bis etwa 30 Thlr. Der Hauptgrund liegt darin, daß 
in diesen Bezirken die Wittwenkassen meist gegründet wurden, ehe noch reifere Erfahrungen 
auf diesem Gebiete zu Gebote standen, und daß man sich dort mit sehr mäßigen, oft nicht 
über 1 Thlr. betragenden Beiträgen begnügt und geglaubt hat, mit diesen geringen Bei— 
trägen Leistungen zu erzielen, wie sie dem Bedürfnisse entsprechen. Die Folge davon war 
ein sehr langsames Anwachsen der Fonds und ein sehr langsames Anwachsen der Pensions— 
Zahlungen die daraus bewilligt werden können. Es ist von Seiten des Lehrerstandes selbst 
wiederholt auf das Dringendste gewünscht worden, daß man eine Erhöhung der Beiträge 
einführen möge. Das ist aber nur möglich, wenn es obligatorisch geschehen kann; die Re— 
gierung kann das aber nicht festsetzen, wenn auch nur wenige — oft nur eine verschwin— 
dende Minorität — dem widersprechen. Sie kann es nicht anders festsetzen, als auf Grund 
zesetzlicher Ermächtigung. Diese gesetzliche Ermächtigung, innerhalb gewisser Grenzen, welche 
eine Ueberlastung auf Seiten der Beitragenden ausschließen, zur Reform der Wittwenkassen 
schreiten zu können und durch königliche Verordnungen auch für die einzelnen Kassen nach 
Anhörung der Interessenten und gemäß ihrer Leistungsfähigkeit, Festsetzungen treffen zu 
können, ist der Gegenstand der gegenwärtigen Vorlage. 
Die vier Gesetze stehen unter einander in einem gewissen inneren Zusammenhange. 
Sie sind nicht das in der Verfassungs-Urkunde bezeichnete Unterrichtsgesetz, sie enthalten 
aber einen sehr wesentlichen Theil eines solchen, und wenn es möglich ist, über diese Vor— 
lagen eine Vereinigung der legislativen Faktoren zu erreichen, so wird damit für das Ziel, 
welches die Verfassunas-Urkunde stellt, ein wesentlicher Schritt vorwärts gemacht sein.“ 
Die sämmtlichen Entwürfe nebst Motiven sind abgedruckt in dem Centralblatt für 
die gesammte Unterrichtsverwaltung in Preußen, Novemberheft pro 1868 S. 643 u. folg.
	        
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