4. Die griechische Sprache soll nicht blos als eine dem Gelehrten nothwendige,
sondern, als Mittel höherer allgemeiner Bildung, wie die lateinische Sprache, mit größter
Genauigkeit getrieben werden.
Die Erklärung der klassischen Schriftsteller beider Sprachen ist ebenfalls zu logischen
Uebungen, wozu auch der Unterricht in der Grammatik vielfach Gelegenheit giebt, ingleichen
zu philosophischen und ästhetischen Belehrungen, zu benutzen.
5. In der hebräischen Sprache ist den künftigen Theologen ein gründlicher Un—
terricht zu ertheilen, damit sie wenigstens in der Grammatik derselben auf der Schule noch
befestigt werden.
6. Zur Erlernung der französischen Sprache müssen die Gymnasien Gelegenheit
darbieten. Doch muß dieser Unterricht in außerordentlichen Stunden gegeben werden und
die Theilnahme der Schüler daran ungezwungen sein. Unter diesen Bedingungen können
auch andere fremde neuere Sprachen da, wo es stiftungsmäßig erforderlich, oder, ohne den
nothwendigen Unterrichts-Gegenständen Zeit zu rauben, möglich ist, gelehrt werden.
7. Der mathematische Unterricht soll die reine Mathematik umfassen und, wo es
ein kann, mit der angewandten Mathematik schließen. Er soll nicht blos auf logische
Zwecke, sondern auch auf Bildung des mathematischen Talents, so weit es in jedem vor—
handen ist, und auf Förderung eines gründlichen mathematischen Wissens ausgehen.
8. Durch den naturwissenschaftlichen Unterricht sollen die Schüler in den Zu—
ammenhang der Natur und ihrer Kräfte theoretisch sowohl, als durch Beobachtungen und
Versuche eingeführt und auf höhere Ansichten vorbereitet werdenn.
9. Der geographische und historische Unterricht sollen, ferner mit einander gehend,
in die mathematische und physische Kenntniß der Erde, in die Bekanntschaft mit den sie
bewohnenden Völkern, ihrer Geschichte und ihren Staats-Einrichtungen tiefer einführen, sie
im Zusammenhange vervollständigen und erweitern.
10. Die Uebungen im Zeichnen, so wie
11. Die Uebungen im Singen sollen die Fertigkeit in diesen Künsten und die
wissenschaftliche Kenntniß ihrer Grundsätze so weit fördern, daß das Talent für eine jede
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Der Unterricht im Singen soll zwar allgemein sein, die Chöre aber sollen einen
Stamm und Mittelpunkt dafür ausmachen, und deswegen besondere höhere Unterweisung
und Uebung erhalten, sie müssen jedoch von allen häufig ihnen anklebenden Fehlern und
Mißbräuchen gereinigt und vornehmlich unter gute Aufsicht gestellt werden.
Das öffentliche Chorsingen soll durchaus nur in den vom öffentlichen Schulunterricht
freien, und Sonntags in den dem Gottesdienst nicht gewidmeten Stunden geschehen.
12. An den allgemeinen öffentlichen Leibes-Uebungen sollen auch die Zöglinge
der Gymnasien mit der übrigen Stadt-Jugend gemeinschaftlich Antheil nehmen, falls diese
Anstalten nicht eigene Plätze dazu haben koönnen.
Um in Ansehung der bestimmten Lehrgegenstände allem möglichen Mißverständniß
vorzubeugen, wird hierdurch erklärt, daß die Religion, die alten Sprachen mit der deutschen,
die Mathematik und Geschichte, die Grundlagen des wissenschaftlichen Gymnafial-Unterrichts
ausmachen, vorzügliches Gewicht aber unter den drei letztgedachten Fächern dem Sprach—
Unterricht beigelegt werden soll.
Wenn daher auch nicht alle Gymnasien, ihrer verschiedenen Verhältnisse wegen,
sämmtliche oben angegebene Lehrgegenstände zu umfassen im Stande sind (vergl. 8. 25),
so soll denen, welche sich in diesem Falle befinden, gestattet sein, sich auf die unter No. I,
2, 3, 4, 5, 7, 9, 11 und 12 aufgeführten zu beschränken, diese aber müssen auf allen
Gymnasien in erforderlicher Vollstaͤndigkeit durchgeführt werden.