4. Damit die Seminarien im Stande sein mögen, sich selbst die zum Lehrerstande
auglichsten Knaben zu erziehen, sollen sie sich, so viel es irgend möglich ist, an Waisen—
uind Armen-Erziehungs-Anstalten anschließen, aus denselben aber doch nur diejenigen Kna—
hen, welche Talent zu diesem Stande haben und freie Neigung dazu gewinnen, aufnehmen,
ohne irgend einen an der Wahl eines andern Berufs zu hindern. Eben so können die
Erziehungs-Anstalten für Waisenmädchen zur Bildung von Lehrerinnen benutzt werden.
5. Es ist nicht nöthig, die Seminarien für Elementar- und für Stadtschulen von
»einander abzusondern, indem die letztern ganz auf die erstern gegründet sind, und in einer
ind derselben Anstalt die zu Lehrern an Stadtschulen sich eignenden Subjekte um so mehr
dazu vorbereitet werden koͤnnen, als solche Schulen zu ihrer praltischen Uebung in der
Naͤhe sind.
6. Die Aufgabe aller Seminarien ist nicht mit der Aufgabe der Schulen einerlei,
daher auch bei den erstern nicht mit ihr zu vermischen. Sondern es müssen die Seminarien
'n den Zöglingen, die fie aufnehmen, die vollendete Elementar-Schulbildung schon voraus—
etzen und als ihren eigentlichen Zweck ansehen, jene zu richtigen Einsichten über die Natur
»es Erziehungs- und Lehrgeschäfts, sowohl im Allgemeinen als in seinen besonderen Zweigen
u führen und zu seiner Ausübung praktisch anzuleiten, alles dem Zwecke und Umfange der
Schulen gemäß, wofür sie bestimmt sind. Da sie aber aus Mangel an hinlänglich vor—
pereiteten Individuen vorläufig gewiß selten gleich zu diesem ihren eigentlichen Geschäfte
hreiten können, so ist ihnen gestattet, auch Subjekte aufzunehmen, welche noch der Nach—
zuͤlfe in den verschiedenen Zweigen des Schulunterrichts bedürfen, und damit ihr Geschäft
anzufangen.
Keiner darf jedoch aufgenommen werden, der in den 8S. 11. 1. 2. 4 und 7 genannten
Begenständen des Elementarunterrichts in hohem Grade unwissend ist, ingleichen keiner,
über dessen Sittlichkeit der mindeste Zweifel obwaltet.
Das Alter der Aufnahme soll in der Regel das sechszehnte bis achtzehnte Jahr sein.
7. Das Haupt-Augenmerk der Seminarien soll sein, an Leib und Seele gesunde
Menschen in den künftigen Lehrern zu erziehen.
Vorzüglich sollen sie sich bemühen, die religiöse Gesinnung und den mit ihr so innig
verwandten pädagogischen Sinn ihrer Zöglinge zu bilden.
Der Unterricht und die Uebungen müssen sich auf alle die Gegenstände erstrecken,
welche gegenwärtiger Schulverordnung gemäß in den untern Schulen gelehrt werden sollen,
wobei ihnen dieses Gesetz und die auf dasselbe zu gründenden Instruktionen als Regulativ
dienen.
In Provinzen, wo nicht die deutsche Sprache herrscht, müssen die Seminarien ganz
besonders sich bestreben, den künftigen Schullehrern Kenntniß und Fertigkeit in derselben
beizubringen, ohne jedoch die Landessprache hintanzusetzen.
Dem Unterricht und den Uebungen im Gesang und Orgelspiel ist in allen Seminarien
vpiel Fleiß und Sorgfalt zu widmen. —
Die allgemeinen Leibesübungen müssen in allen Seminarien getrieben werden.
In Ansehung der den Zöglingen einzuübenden Methode müssen sie das 8. 17 hierüber
Ausgesprochene zum Augenmerk nehmen. Dabei sollen sie dieselben nicht sowohl mit Theorie
der Methode anfüllen, als vielmehr sie zu sinniger Betrachtung anleiten, sie üben, aus ihrer
Erfahrung einfache und klare Grundsätze für ihr Verfahren als Lehrer und Erzieher zu
chöpfen und sie zu gewandter Befolgung dieser Grundsätze anhalten.
Schulen, worin die Seminaristen praktisch geübt werden, müssen deswegen mit allen
Seminarien verbunden sein.
Am Ende ihres Kursus müssen die Seminaristen mit allen Pflichten und Verhält—
nissen eines Schullehrers zu geistlichen und weltlichen Vorgesetzten, zur Kirche, zur Schul—
Bemeinde und zu den Eltern der Schüler bekannt gemacht werden.