Näh⸗, Strick⸗
und Stickschulen.
Stundenlehrer.
Warteschulen.
8. 111.
Bloße Näh-, Strick- und Stickschulen und andere ähnliche Anstalten gehören nicht zu
denjenigen Privat-Instituten, von welchen hier die Rede ist. Da dieselben indessen zeither
den Schulunterricht auf mannigfaltige Weise beeinträchtigt, auch öfters in das Gebiet der
igentlichen Schulen überzugehen sich erlaubt haben, so wird hierdurch festgesetzt, nicht nur,
)aß die Erlaubniß zur Anlegung solcher Anstalten bei den Orts- oder Kreis-Schul-, und
insichtlich des Gewerbes auch vorschriftsmäßig bei den Polizei-Behörden nachgesucht werden,
ondern auch, daß die Inhaber und Inhaberinnen derselben, da sie selbst sich mit dem Unter—
icht der Kinder nicht befassen dürfen, kein Kind annehmen, welches nicht bereits den gewöhn—⸗
ichen Schulunterricht genossen hat oder wenigstens denselben noch neben der gedachten An—
veisung zu Handarbeiten genießt. Es muß sich von nun an kein Kind in solchen Näh- und
Strickschulen ꝛc. aufhalten, von welchem nicht die Befugniß hierzu durch ein von dem be—
reffenden Schul-Vorstande ausgestelltes und von den Inhabern solcher Anstalten behufs ihrer
Legitimation aufzubewahrendes Zeugniß über den vom Kinde bereits genossenen oder noch
ortdauernden Schulunterricht nachgewiesen werden kann.
8. 112.
Personen, welche nur in einzelnen Stunden und in einzelnen Fächern Unterricht geben,
bedürfen hierzu im Allgemeinen keines Erlaubnißscheins. Nur wenn sie in der Religion Un—
terricht geben wollen, müssen sie sich bei der geistlichen Provinzial-Behörde, und, sind sie
atholisch, bei dem Bischof der Diöces melden, und diesen Behörden bleibt die Verfügung
hrer Prüfung und die Ertheilung der Erlaubniß überlassen. Auch müssen diejenigen, welche
ein Gewerbe daraus machen, Lehrstunden in den Häusern zu geben, sich bei der Stadt- oder
dreis⸗-Schulbehörde nicht nur wegen ihrer Tüchtigkeit dazu, sondern auch wegen der bisherigen
Tadellosigkeit ihres Lebenswandels ausweisen und sich von derselben mit einem Zeugniß
»arüber versehen lassen, welches ihnen als Erlaubnißschein dient, der bei unsittlichem und
polizeiwidrigem Verhalten ihnen von der gedachten Behörde wieder genommen werden kann.
8. 113.
Es soll gestattet sein, daß weibliche Personen, insonderheit die Wittwen der Elementar—
Zchullehrer, kleinere Kinder, welche noch nicht das schulfähige Alter erreicht haben, den Tag
jindurch unter ihre Aufsicht nehmen. In Betreff solcher Personen liegt den städtischen und
ändlichen Schulbehörden nur ob, dahin zu sehen, daß dieselben von unbescholtenen Sitten,
zur ersten Erziehung der Kinder geeignet, auch ihre Wohnungen gesund und hinlänglich ge—
äumig sind, ingleichen, daß sie die Kinder nicht länger als bis zum gesetzlichen schulfähigen
Alter (8. 34) behalten, übrigens aber doch Tüchtigkeit genug haben, um auf die Sitten und
den Verstand derselben zu wirken. Zur Anlegung solcher, demnächst gleichfalls unter die In—
spektion eines Special-Aufsehers zu stellenden Warte-Schulen bedarf es bloß der Genehmigung
der städtischen Schul-Kommissionen und Kreis-Schul-Inspektionen.
Obige Bestimmungen nebst den auf sie gegründeten Provinzial-Schulordnungen treten
sogleich in ihrem ganzen Umfange an die Stelle sämmtlicher im Preußischen Staate und
seinen einzelnen Theilen bisher bestandenen allgemeinen sowohl als besonderen das Schulwesen
betreffenden Gesetze, und es sollen künftig nur noch die in jenen ausdrücklich anerkannten
Verordnungen über einzelne Theile der Schul-Verfassung in Kraft bleiben.
Hiernach haben alle Unsere Unterthanen und Behörden sich zu achten.
Gegeben Berlin, am ten