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amtlichen Vergehungen der Lehrer mit der juridischen dergestalt zu vereinigen, daß die Resultate
den Forderungen der Gerechtigkeit wie der Zucht gleich befriedigend entsprechen.
Um diese Aufgabe zu lösen, ist zweierlei erforderlich, sehr bestimmte gesetzliche Vor—⸗
schriften, und dann ein angemessenes richterliches Verfahren.
Der ersteren bedarf es auf jeden Fall, die richterliche Behörde mag sein welche, und
zusammengesetzt sein, wie sie wolle. Das Verfahren der amtlichen Behörde verliert dadurch
allen Schein der Willkühr, und dem äußern Richter wird gegeben, was er verlangt, um die
auf die Natur der Sache zu nehmende Rücksicht mit der streng rechtlichen Form zu ver—
einbaren.
Darum haben wir uns angelegen sein lassen, in den 88. 79. 80 und 81 so scharf wie
möglich zu bestimmen, wann wegen Unfähigkeit, Unwürdigkeit, Insubordination und Amts—
Vergehen auf Entsetzung vom Schulamte erkannt werden müsse, damit über die Anwendung
der Bestimmungen in keinem Falle Zweifel entstehen können.
Was das Verfahren betrifft, so hat das bisher beobachtete einen völlig disciplinarischen,
keinen juridischen Charakter, indem es, einzelne Fälle vorhergegangener Untersuchung durch
die Untergerichte ausgenommen, durch lauter verwaltende Behörden geht. Ueberdem ist es
weitläuftig, und in Ansehung der Frage, ob der Staatsrath denselben Antheil, wie an der
disciplinarischen Amts-Entsetzung anderer Beamten, daran nehmen solle, noch unbestimmt.
Das Letztere würde den Gang des Verfahrens noch aufhaltender machen, als für leider so
häufig vorkommende und lange Zögerung nicht vertragende Fälle zweckmäßig ist.
Das Vorzüglichste würde ohne Zweifel sein, das disciplinarische und das juridische
Princip, auf deren inniges Zusammenwirken in solchen Fällen es ankommt, in einer und der—⸗
elben Behörde zu vereinigen.
Dies würde geschehen durch Herstellung der Consistorial-Gerichte, welche vor dem auch
im Preußischen bestanden, wie sie in mehreren deutschen Staaten, wo die ältere Kirchen⸗
verfassung in Kraft geblieben ist, noch bestehen. Wären sie nicht zu abweichend von der im
Preußischen Staate angenommenen Gerichtsversassung, und müßten sie nicht in viel weiterer
Beziehung, als auf den Schullehrerstand gefaßt werden (weswegen sie auch eine eigene ab—⸗
gesonderte Berathung erfordern); so würden wir bei den Bestimmungen des Entwurfs von
der Voraussetzung derselben ausgegangen sein, und keine Verschiedenheit der Behörden für
diese Fälle zwischen den Rheinischen und den übrigen Provinzen wäre dann nöthig gewesen.
So aber haben wir nicht umhin gekonnt, der Consistorial-Gerichte, als der, wie es uns
scheint, vollkommensten Lösung der vorliegenden Aufgabe, wenigstens zu gedenken, und diesen
Bedanken hier niederzulegen, ob vielleicht die Entwickelungen der Zeit auch zu seiner Aus⸗
rührung leiten möchten.
Eine Annäherung von weitem dazu enthalten aber die Bestimmungen des Entwurfs,
indem sie den Gerichten das ganze Verfahren gegen Schullehrer auch in Disciplinar-Fällen,
wo auf Amts-Entsetzung angetragen ist, beilegen, genau festsetzen, wann auf diese erkannt
werden muß, und, daß den Forderungen der Disciplin vollkommen Genüge geschehe, durch
die Vorzeichnung des bis dahin zu beobachtenden correctionellen Verfahrens, durch Ueber⸗
tragung der vorbereitenden Untersuchung an die Provinzial-Schulbehörden, und deren Berech⸗
igung, einen sachverstäändigen Deputirten zu ernennen, der dem Vortrage der Sache bei dem
Spruche des Gerichts beiwohne, zu bewirken suchen. Letzteres auch für die Rhein-Provinzen
anzuordnen, erlaubte deren Gerichts-Verfassung nicht. Es ließ sich also nur durch die Be—
rechtigung des Staats-Procurators, von der amtlichen Behörde des Angeklagten so oft es
aöthig ist, nähere Aufklärung und Auskunft zu verlangen, einigermaßen ersetzen. Hierin liegt
eine Unvollkommenheit, welche auf die Nothwendigkeit von Konsistorial-Gerichten, bei der in
den Rhein-⸗Provinzen geltenden Form der Civil-Gerichte insonderheit hinzudeuten scheint.
Berlin, den 27. Junius 1819.