Full text: Die Gesetzgebung auf dem Gebiete des Unterrichtswesens in Preußen

—2 
in Voraus berücksichtet zu haben, würde unausbleiblich von unangenehmen Folgen sein, die 
sich nicht immer durch ohnehin mißliche nachträgliche Erklärungen dürften beseitigen lassen. 
Zu einer reiflichen Erwägung des Geseßzentwurfes aus den angegebenen Gesichts— 
punkten scheint nun dem Königlichen Staatsministerio und mir eine vorbereitende Prüfung 
desselben durch die Provinzial-Behörden und durch das meiner Leitung anvertraute geistliche 
und Unterrichts-Departement erforderlich zu sein. 
Das Königliche Staatsministerium vereinigt zwar in sich die Chefs aller Verwaltungs⸗ 
Behörden, es können ihm aber alle die einzelnen hier in Betiracht kommenden Verhältnisse 
unmöglich so genau bekannt und gegenwärtig sein, als den mit ihnen unausgesetzt praktisch 
beschäftigten Provinzial-Behörden, und wenn gleich ich selbst Mitglied des Staatsministerii 
hin, so wird dieses doch nicht alle Punkte des Gesetzes nach allen den verschiedenen darin 
zusammenwirkenden Beziehungen in ihrer Verbindung so vollständig und übersichtlich zu 
betrachten im Stande sein, als das das Schulwesen mit beständiger Rücksicht auf alle feine 
allgemeinen und besondern Beziehungen bearbeitende geistliche und Unterrichts-Departement, 
welchem ohnehin in dieser, dasselbe von allen obern Verwaltungs-Behörden zunächst und 
am meisten interessirenden Angelegenheit eine eigene Stimme um so weniger versagt werden 
zu können scheint, als solches nach 8. 23 des Entwurfs die nähere Anweisung über die 
Ausführung des ganzen zweiten Abschnitts desselben ausarbeiten soll. 
Eine vorbereitende Prüfung durch die gedachten Behörden würde also die Grundlage 
ein müssen, auf welcher das Staatsministerium die seinige, sowohl nach allgemeinen Staats—⸗ 
rücksichten, als auch nach den besondern Interessen der verschiedenen auf das Schulwesen 
einwirkenden Departements, unternehmen könnte. Ohne daß jene vorausgegangen wäre, 
vürde es schwerlich sich selbst in der von ihm vorzunehmenden Prüfung genuͤgen, noch auch 
dem Staatsrathe den Entwurf mit einer gewissen Buͤrgschaft seiner Anwendbarkeit vorzu⸗ 
legen im Stande sein. Ist aber eine solche Bürgschaft nicht vorhanden, ist die Beantwor— 
ung mancher im Staatsrathe aufzuwerfenden praktischen Zweifel uͤnd Fragen nicht schon in 
Voraus bereit, so ist vorauszusehen, daß sich auch im Staatsrathe die größten Weitläuftig— 
deiten und Schwierigkeiten gegen das Gesetz erheben werden, und daß endlich ein Antrag 
der letztgedachten Behörde auf Nachholung des Fehlenden das Resultat sein werde. 
Das Vertrauen auf die Immediat-Kommission allein kann über eine solche Bürgschaft 
aicht vollklommen beruhigen. Denn diese Kommission verdient allerdings großes Vertrauen 
ind ist bei ihrer Arbeit auch gewiß mit aller ihr möglichen Umsicht zu Werke gegangen. 
Allein sie selbst ist ohne Zweifel auch innigst davon überzeugt gewesen, wie verschiedene 
Geschäfte die Entwerfung und die Prüfung eines Gesetzes find. Die erftere ist zwar auch 
ohne kritische Sichtung des vorhandenen Stoffes nicht möglich. Allein der positive Stand— 
yunkt, auf welchem sie sich befindet, macht es äußerst schwierig, die durchaus unerläßliche 
iegative Rücksicht neben jenem in einem solchen Gleichgewicht zu erhalten, daß sie nie ver— 
unkelt, nie ganz zurückgedrängt werden könnte. Darum wird Keiner, der es mit einem 
yon ihm zu bearbeitenden Gesetze ernstlich meint, in sich und seine Arbeit so großes Ver— 
rauen setzen, daß er ihrer Zweckmäßigkeit völlig gewiß fein, nicht vielmehr ihre Beleuchtung 
aus ganz verschiedenen, ihm vielleicht unerwarteten Gesichtspunkten für sehr wünschenswerth 
halten sollte. Ja, ich zweifle nicht, daß selbst Mitglieder der Immediat-Kommission, wenn 
ie bei der Prüfung ihrer eigenen Arbeit mitwirken, um ihren bisherigen Standpunkt mit 
dem negativen der Kritik vertauschen und sich streng auf ihm halten, von diesem aus zur 
Vervollkommnung des Gesetzes um so mehr beitragen werden, als sie den Gegenstand des— 
jelben bereits durchgearbeitet haben. Dies erwähne ich mit besonderer Rücksicht auf die 
Räthe des geistlichen und Unterrichts-Departements, welche Mitglieder der Kommission 
varen, und auf den dieser Behörde an der Prüfung des Entwurfs zuzugestehenden Antheil. 
Was aber die Ansicht der Kommission selbst über die von ihr nöthig gehaltene Prüfung 
ihrer Arbeit betrifft, so darf ich mich nur auf den des Koͤnigs Majeftaͤt von ihr erstatteten 
Bericht beziehen.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.