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Plenarverhandlungen
technischen Hochschule in Berlin handelt und ertheile das Wort
dem Abgeordneten Rickert.
Abgeordneter Rickert: Meine Herren! Ich wöchte
mir gestatten, nur auf wenige Augenblicke Ihre Aufmerksam⸗
keit mir zu erbitten für einen Gegenstand, welchen ich für
wichtig genug halte, um ihn hier zur Sprache zu bringen
und eine Erklärung der Königlichen Staatsregierung darüber
zu erbitten.
Die Gewerbeakademie hatte bis jetzt eine besondere Ab—
cheilung für die Schiffsbaukunde, die Lehrpläne der Ge—
verbeakademie enthalten in Nr. 4 und 6 besondere Abtheilungen
ür Schiffsmaschineningenieure und für Schiffsbauingenieure.
Meine Herren, die Aenderung, welche mit dem neuen
Statut vorgenommen wird in Bezug auf Organisation der
technischen Hochschulen, wird ja im allgemeinen unsere voll—
ständige Zustimmung erhalten. Indeß vermisse ich in der
Denkschrift und dem Statut das, was die Stellung der
Schiffsbaukunde betrifft. Nach dem 8 2 des provisorischen
Statuts für die technische Hochschule in Berlin, Seite 41 der
Ihnen vorgelegten Denkschrift, werden in Zukunft 5 Abthei⸗
lungen konstruirt und zwar nach den verschiedenen Disziplinen
für die Architektur, für bauliches Ingenieurwesen, für Ma—
schineningenieurwesen, für Chemie und Hüttenkunde und für
allgemeine wissenschaftliche Angelegenheiten. Weder hier noch
in der ausführlichen Motivirung der Organisation ist von
der Schiffsbaukunde überhaupt die Rede. Ich kann es nicht
unnatürlich finden, meine Herren, wenn unter diesen Um—
stäänden in den betheiligten Kreisen eine gewisse Beunruhigung
und die Befürchtung eingetreten ist, daß die Schiffsbaukunde
oielleicht ganz aus dem Rahmen der Organisation verschwinden
möchte. Ich würde schon diese Wirkung für eine sehr be—
dauernswerthe halten, um so mehr, als es sich hier um die Vor—
hildung für eine Industrie handelt, welche in hohem Grade
der allseitigen Unterstützuug bedarf und sie auch ‚verdient.
Unsere Schiffsbauindustrie hat in den letzten Jahren einen so
erfreul ichen Aufschwung genommen, daß wir alle Ursache
haben, die Vorbildung fuͤr die Schiffsbauindustrie auf jede
Weise von Staatswegen und auch Seitens der Privaten zu
ördern. Meine Herren, leider ist die frühere Schiffsbau—
schule oder Marineschule — ich weiß nicht, welchen Namen
sie gehabt hat — in Stettin
(Zuruf: In Grabow!)
oder Grabow — das deckt sich ja — eingegangen, und es
ist seitdem der Schwerpunkt für die Ausbildung der Schiff⸗
bauer nach Berlin verlegt. Es hat nun auch das erfreuliche