Full text: Das technische Unterrichtswesen in Preußen

Plenarverhandlungen 
nicht ausgesprochen wurde. Hier suche ich den Hauptbeweg⸗ 
grund für die so weit verbreitete, so hoch gesteigerte Verstim— 
mung. Die Herren glauben, sie werden den Juristen in den 
Verwaltungsbehörden, denen sie künftig als Baubeamte 
angehören, untergeordnet sein, von ihnen über die 
Achsel und scheel augesehen werden. Meine Herren, es giebt 
andere Körper, es giebt Vertretungskörper auch in Deutschland, 
ja, vielleicht sogar in Preußen, innerhalb deren einzelne 
philologen, Theologen, Mediziner zuweilen die Empfindung 
zehabt haben mögen, als würde ihnen in den Gegenständen, 
in denen sie ein bestimmtes und sicheres Urtheil erlangt zu 
haben glauben, seitens der gewiegten und gewandten Juristen, 
wenn auch nicht eine bessere, doch jedenfalls unantastbarere, 
makellosere Behandlung der Gegenstaͤnde entgegengestellt, und 
dadurch ihr Verdienst über Gebuͤhr verdunkelt. Ich wage die 
Behauptung, daß wer seit Jahren die Ehre hat, preußischer Abge— 
ordneter zu sein, zuweilen die Empfindung nicht ganz hat 
abschütteln können, als nähmen allerdings die Juristen in 
diesem Hause allen anderen Berufsklassen so viel Luft und 
Licht weg durch ihre Verdienste, durch ihre spezifische Schulung, 
daß für Andere kaum etwas zu thun übrig bleibt. Meine 
Herren, diese Schulung haben sie aber nicht erlangt dadurch, 
daß sie in einem Gymnasium Latein und Griechisch getrieben 
haben, sondern während eines akademischen Trienniums und 
— 
Verwaltungslaufbahn von Anbeginn durchschritten haben. 
Darin steckt der Irrthum, welchen zu verscheuchen mir heute 
nicht gelingt, welcher aber hoffentlich nicht lange den heutigen 
Tag überleben wird. 
Wenn Sie mir gestatten, meine Herren, lese ich eine 
kurze Stelle vor aus dem Privatschreiben eines Mannes, der 
jelbst im Kreise der Architekten hochangesehen steht, dessen 
ganze Laufbahn ihn befähigt, unbefangen über diese Ange— 
legenheit zu urtheilen, denn er selbst genoß der besten Gym— 
aasialbildung und hat auch als Jurist in das Leben einen 
Blick zu werfen Gelegenheit gehabt. Gleich der erste Satz 
wird die Unbefangenheit seines Urtheils bekunden: 
Ich lasse es dahin gestellt, ob die neuen Schulen 
gerade besonders dazu geeignet sind, ihren Schülern 
eine derartige Vorbildung zu gewähren, welche die— 
selben befähigt, ihnen künftig innerhalb der Behörden 
die Konkurrenz mit den Juristen im „Verwalten“ 
zu erleichtern, aber ich meine, daß es dem Staate 
in erster Reihe darum zu thun sein muß, außer— 
ordentliche Techniker zu haben, damit dieselben für 
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