Full text: Das technische Unterrichtswesen in Preußen

Denkschrift 
8 
F 
* 
————— 
5 
SE 
den bisher an den unteren Klassen des Gewerbe⸗-Instituts 
ertheilten, mehr elementaren Unterricht an die Prooinzial— 
Gewerbeschulen zu überweisen, welche deshalb in Zukunft aus 
zwei Klasfen und einer Vorbereitungsklasse bestehen sollten. 
Die Organisation von 1850 nahm der Gewerbeschule 
noch nicht den Charakter einer für die Handwerker und die 
breite Masse der Gewerbtreibenden bestimmten Fachschule. 
Sie setzte auch jetzt nur eine gute Volksschulbildung voraus. 
An diese anknüpfend unterrichtete sie ihre Schüler, außer im 
Deutschen, in Mathematik und Naturwissenschaft, im Frei— 
hand⸗ und Linearzeichnen, in Baukonstruktions?⸗ und Ma— 
schinenlehre. Ein Mangel an ihr, der aber erst mit dem 
weiteren Fortschritt der Gewerbe und Industrie sich fühlbar 
machen konnte, war der zu generelle Charakter des gewerb⸗ 
lichen Unterrichts. Es würde nöthig geworden sein, denselben 
allmälig mehr zu individualisiren, die Anstalten zu Fach— 
schulen für die Baugewerbe, für die Metall- oder Textilindustrie 
oder für das Kunstgewerbe umzugestalten. 
Allein das Verhältniß der Provinzial-Gewerbeschulen 
zu dem Gewerbe⸗Institut ließ es zu dieser naturgemäßen Ent— 
wickelung nicht kommen. Das Gewerbe⸗Institut näherte sich 
schrittweise in Lehrplan und Lehrmethode den Einrichtungen 
einer technischen Hochschule, erhielt 1866 auch den Namen 
„Gewerbe-Akademie“ und stellte nunmehr an die ein— 
tretenden Studirenden mit Bezug auf ihre Vorbildung 
Anforderungen, welche von der Prooinzial-Gewerbeschule 
nicht mehr erfüllt werden konnten. Der Doppelzweck, 
der in die letztere gelegt war, daß sie theils eine (ab— 
schließende) Fachschule fuͤr Handwerker auf der Basis eines 
guten Elementarunterrichts, theils eine Vorbereitungsan— 
stalt für ein akademisch gewordenes Institut sein sollte, führte 
eine Krisis herbei, bei der entweder die Handwerkerschule oder die 
Vorbereitungsanstalt für das Polytechnikum verloren gehen mußte. 
Bei der Reorganisation vom 21. März 1870 überwog 
der Gesichtspunkt des Polytechnikums und die erstere Eventug— 
lität trat ein. Denn zur Aufnahme in die unterste Klasse 
dieser neuen dreiklassigen Gewerbeschule wurde die Reife für 
die Sekunda eines Gymnasiums oder einer Realschule erster 
Ordnung resp. die gleichwerthige Bildung anderer höherer Lehr— 
anstalten verlangt. Daß die Entscheidung in diesem Sinne 
erfolgte, erkläärte sich übrigens aus dem Umstand, daß ein sehr 
erheblicher Theil der Abiturienten schon bis dahin aus der 
Schule nicht in die Praxis, sondern in die Gewerbeakademie 
übertrat, so daß die letztere 70 Prozent der Studirenden aus 
jenen Schulen bezog.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.