Full text: Das technische Unterrichtswesen in Preußen

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Plenarverhandlungen 
Ich halte dieses Urtheil von einem bewährten Fachmann 
für durchaus durchschlagend, und ich sehe in dieser Neu⸗ 
organisation einfach eine Rückkehr zu der Idee, was die 
Realschule ursprünglich hat sein sollen, eine Anstalt, die sich 
beschraͤnkte auf moderne Sprachen, auf Mathematik und 
Kultivirung von Naturwissenschaften und Zeichnen. Daß 
Mathematik und alle genannten Wissenschaften ebenso geistes⸗ 
bildend, vielleicht in elwas andersartiger Weise sind, wie die 
ruf den altklassischen Gymnasien gepflegten, das glaube ich, 
wird man behaupten können. 
Ich glaube, daß die Argumente, die in den Petitionen des 
Architeklenvereins niedergelegt sind, lediglich eine Bestaͤtigung 
des hier Gesagten sein koͤnnen; es wäre doch von diesen nach⸗— 
zuweisen, daß überhaupt Alle oder wenigstens vorwiegend die 
Leute, die im Baufach und in der Architektur Hervorragen⸗ 
des geleistet haben, bloß auf Gymnasien vorgebildet 
worden waͤren. Das ist aber keineswegs der Fall; schon seit 
Jahren sind Realschulabiturienten zum höheren Baufach be—⸗ 
rechtigt gewesen, und wenn sie darin Gutes geleistet haben, 
so glaube ich, werden das in demselben Maße auch die Ge⸗ 
werbeschulabiturienten erreichen. Allerdings würde ich glauben, 
daß das eine Art von äußeren Hinderniß hinwegräumt, wenn 
nan den Namen „höhere Gewerbeschule“ streicht, wie ja her— 
vorgehoben worden ist, und wenn man sie vielleicht Realschule 
ohne Latein nennt und meinetwegen die Realschule mit Latein 
Realgymnasium; aber der Name der Anstalt ist eine ganz 
untergeordnete Frage, es kommt darauf an, ob der Lehrplan 
derselben richtig durchdacht ist, und das behaupte ich ist der Fall. 
Wenn der Abgeordnete Windthorst gesagt hat, daß diese 
Zersplitterung des Ünterrichtswesens nicht zu befürworten sei, 
so meine ich, entspricht gerade diese Vielartigkeit durchaus den 
oerschiedenen Berufskreisen, dem verschiedenen Naturell des 
Einzelnen. Es wird gewiß nicht gesagt werden koͤnnen, daß 
jedes Kind, jeder Knabe, gerade den Kopf für altklassische 
Bildung und Sprachen hat, ich glaube, daß es eine 
zanze Anzahl von Knaben giebt, denen wirklich 
der Sinn dafür fehlt, die aber auf einer solcher Anstalt 
wie hier projektirt, sehr Tüchtiges leisten können; darum 
fommt diese Organisation auch nach dieser Beziehung einem 
zanz wesentlich praktischen Bedürfniß entgegen. Der einzige 
ftichhaltige Einwurf praktischer Art, den ich dagegen finden 
kann, ist der, daß die Eltern allerdings frühzeitig gezwungen 
werden über den Beruf des betreffenden Knaben zu ent— 
scheiden. Diese Schwierigkeit wird aber immer da sein, sie 
ist eben nicht zu beseitigen. Die Herren Vaͤter müssen sich
	        
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