Full text: Das technische Unterrichtswesen in Preußen

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Plenarverhandlungen 
lich sei, um ein wahrhaft gebildeter Mann zu sein. Und ich 
iinde es natürlich, ich verstehe es vollkommen, wenn nun diese 
Maͤnner darin eine Verminderung finden, wenn ihnen nun 
—E— ihrer Wissenschaft ge⸗ 
zeben wird. Dennoch habe ich bei tieferem Nachdenken über 
die Sache den Herren erklären müssen: ich bin außer Stande, 
zure Sache zu vertreten; und ich werde die Gründe dafür 
kurz sagen. 
Meine Herren, ich lasse die Frage bei Seite, ob die 
Realschule erster Ordnung mit obligatorischem Latein demnächst 
gänzlich zu beseitigen sei, ob wir für die Zukunft nur unter— 
scheiden sollen zwischen Gymnasien mit vorzugsweise klassischer 
Bildung durch die alten Sprachen, und solchen Schulen, die 
die allgemeine Bildung mittelst der naturhistorisch⸗ mathema⸗ 
iischen Wissenschaft geben. Ich möchte zur Zeit, weil ich noch 
nicht ganz klar über diese Frage bin, hierüber nicht unbedingt 
aburtheilen; so viel ist mir aber doch klar geworden, daß 
durch die Entwicklung der naturwissenschaftlichen und der 
realen Wissenschaften uͤberhaupt dieselben für eine große An— 
zahl von Berufsklassen gleichberechtigt geworden sind mit der 
logenannten klassischen Bildung. Die Thatsache ist einmal 
oorhanden und ein Schulsystem, welches diese Thatsache 
eugnet, unbedingt verwirft, ist falsch, weil es mit der wirk— 
lichen Entwickelung in Widerspruch steht. Ich kann mir sehr 
woͤhl denken, daß wir wieder zurückkommen auf das, was das 
Regime Wiese uns genommen hat, nämlich auf die Realschule 
ohne und die Realschule mit Latein; ich kann mir sehr wohl 
enken, daß wir für die wesentlich technischen Wissenschaften 
eine Vorbereitung in den Realschulen ohne, Latein allgemein 
gestatten, während wir beispielsweise für die Mediziner eine 
Realschule mit Latein fordern. Das liegt aber in der Zu— 
funft; jedenfalls ist so viel gewiß, daß diejenigen Berufs— 
aten, die wesentlich und vorzugsweise naturwissenschaftliche 
und realistische Dinge später zu ihrer Aufgabe machen, eine 
ollkommen ebenbürtige Vorbereitung für die allgemeine 
Bildung, die sie nöthig haben, in dem Studium und in der 
wissenschaftlichen Behandlung der lebenden Sprachen und in 
den naturwisfenschaftlichen und mathematischen Wissenschaften 
erlangen können. Erkenne ich dies aber an, dann muß ich 
auch weiter anerkennen, daß der Schritt, der hier geschehen 
ist, ein erster Schritt ist nach dieser Richtung hin, 
dann kann ich eine Degradirung der ganzen Stellung 
unserer Techniker und Architekten in dieser Schulorganisation 
n keiner Weife erblicken; ich muß anerkennen, daß eine Menge 
von Fähigkeiten und Qualitäten, welche unsere Gymnasialvor⸗
	        
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