—5
u
— 7
206
Plenarverhandlungen
lich sei, um ein wahrhaft gebildeter Mann zu sein. Und ich
iinde es natürlich, ich verstehe es vollkommen, wenn nun diese
Maͤnner darin eine Verminderung finden, wenn ihnen nun
—E— ihrer Wissenschaft ge⸗
zeben wird. Dennoch habe ich bei tieferem Nachdenken über
die Sache den Herren erklären müssen: ich bin außer Stande,
zure Sache zu vertreten; und ich werde die Gründe dafür
kurz sagen.
Meine Herren, ich lasse die Frage bei Seite, ob die
Realschule erster Ordnung mit obligatorischem Latein demnächst
gänzlich zu beseitigen sei, ob wir für die Zukunft nur unter—
scheiden sollen zwischen Gymnasien mit vorzugsweise klassischer
Bildung durch die alten Sprachen, und solchen Schulen, die
die allgemeine Bildung mittelst der naturhistorisch⸗ mathema⸗
iischen Wissenschaft geben. Ich möchte zur Zeit, weil ich noch
nicht ganz klar über diese Frage bin, hierüber nicht unbedingt
aburtheilen; so viel ist mir aber doch klar geworden, daß
durch die Entwicklung der naturwissenschaftlichen und der
realen Wissenschaften uͤberhaupt dieselben für eine große An—
zahl von Berufsklassen gleichberechtigt geworden sind mit der
logenannten klassischen Bildung. Die Thatsache ist einmal
oorhanden und ein Schulsystem, welches diese Thatsache
eugnet, unbedingt verwirft, ist falsch, weil es mit der wirk—
lichen Entwickelung in Widerspruch steht. Ich kann mir sehr
woͤhl denken, daß wir wieder zurückkommen auf das, was das
Regime Wiese uns genommen hat, nämlich auf die Realschule
ohne und die Realschule mit Latein; ich kann mir sehr wohl
enken, daß wir für die wesentlich technischen Wissenschaften
eine Vorbereitung in den Realschulen ohne, Latein allgemein
gestatten, während wir beispielsweise für die Mediziner eine
Realschule mit Latein fordern. Das liegt aber in der Zu—
funft; jedenfalls ist so viel gewiß, daß diejenigen Berufs—
aten, die wesentlich und vorzugsweise naturwissenschaftliche
und realistische Dinge später zu ihrer Aufgabe machen, eine
ollkommen ebenbürtige Vorbereitung für die allgemeine
Bildung, die sie nöthig haben, in dem Studium und in der
wissenschaftlichen Behandlung der lebenden Sprachen und in
den naturwisfenschaftlichen und mathematischen Wissenschaften
erlangen können. Erkenne ich dies aber an, dann muß ich
auch weiter anerkennen, daß der Schritt, der hier geschehen
ist, ein erster Schritt ist nach dieser Richtung hin,
dann kann ich eine Degradirung der ganzen Stellung
unserer Techniker und Architekten in dieser Schulorganisation
n keiner Weife erblicken; ich muß anerkennen, daß eine Menge
von Fähigkeiten und Qualitäten, welche unsere Gymnasialvor⸗