Full text: Das technische Unterrichtswesen in Preußen

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Plenarverhandlungen 
bloß Staatsbeamte gebildete Techniker waren, und im übrigen 
Maurermeister und Zimmerleute ihr Handwerk übten. Heute 
hat aber die Entwickelung dahin geführt, daß eine große An⸗ 
sahl von gebildeten Maͤnnern, die nicht im Staatsdienste 
ind, an Erfahrung im Bauwesen unsern Staatsbeamten 
bisweilen überlegen sind und an Bildung ihnen gleich stehen. 
Soll es denn nun diesen veränderten Verhältnissen gegenüber, wo 
wir das Vorbild von Frankreich, welches in der Technik uns doch 
gewiß nicht nachsteht, haben, soll da noch die Einrichtung auf 
die Dauer festgehalten werden, daß alle Staatsbauten nur von 
Staatsbeamten dirigirt werden, wird es nicht vielmehr richtiger 
sein, daß einige sehr bedeutende hochstehende Staatsbeamten 
die Kontrole fuͤhren, und im übrigen diejenigen Zweige der 
Technik, die der allgemeinen Privatkonkurrenz unterliegen, vom 
Staͤate ebenso behandelt werden wie von allen Privatpersonen? 
Halten Sie es für vernünftig, wenn in einer Prooinzialstadt 
ein größeres Gebäude von staatswegen hergestellt wird, daß 
der Plan in Berlin gemacht wird und der Ausbau geschieht 
unter Leitung von Personen, die vielleicht noch gar nicht oder 
nur selten ein großes Gebäude gebaut haben, sondern wesent⸗ 
lich Staatsgebäude in Bau und Besserung halten und oben⸗ 
drein alle anderen Zweige der Staatstechnik zu treiben haben? 
Ist es da nicht klüger, solche Bauten solchen Personen zu 
aͤberlassen, wie das Privaipersonen auch thun, die in der 
Herstellung großer Gebäude die größte Erfahrung haben und 
daraus eine Spezialität machen? Aus der gegenwärtigen 
Stellung — ich will weiter auf diese Frage nicht eingehen — 
unserer Staatstechniker kann ich daher kein genügendes Moment 
herleiten gegen eine Schulorganisation, welche nach meiner 
Meinung in ihrem Erfolge auf diejenige Richtung hinleitet, 
die ich vorhin anzudeuten mir erlaubte. Gewiß giebt es 
Zweige unserer Technik, die nur durch Staatsbeamte mit Er⸗ 
folg verwaltet werden können. Der Wasserbau wird schwerlich 
emals genügend durch die Privatindustrie gehandhabt werden 
können; aber der Hochbau des Staats, der der vollen Kon⸗ 
kurrenz der Prioatthätigkeit unterworfen ist, kann unmöglich 
zuf die Dauer ein bloßes Privilegium der, Staatsbeamten 
bleiben. So sage ich denn: die ganze Organisation, die uns 
hier vorgeschlagen wird, erkennt die unwiderlegliche Thatsache 
an, daß heuͤtzutage zwei Wege, zu einer —32 — Bildung zu 
gelangen, thaͤtsächlich existiren, die naturwissenschaftliche, die 
realiftiͤsche und die klassisch-formale Bildung. Nach der Re— 
formation, meine Herren, waren wir in Deutschland eine Zeit 
lang Theologen, dann sind wir eine Zeit lang Philologen gewesen, 
und unsere Gymnasien wollen noch immer zu sehr Philologen
	        
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