Full text: Das technische Unterrichtswesen in Preußen

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Plenarverhandlungen 
Meine Herren, hierdurch wird denjenigen Jünglingen, die 
die Absicht haben, sich der Industrie und dem Gewerbe zu 
widmen, schon rechtzeitig das Zeichen in den verschiedenen 
Anstalten, die sie besucht haben, gegeben: Richtet euren Fleiß 
auf die Sprache der Architektur, wie sie einmal genannt wird, 
auf das Zeichnen, auf das Konstruiren, auf die Mathematik. 
Ich beklage allerdingg, daß der Herr Reichskanzler immer 
zwei fremde Sprachen festhält, und wenngleich zwei Halbe 
ein Ganzes machen, und ich von allen Herren gehört habe, 
daß weder mit dem Englischen noch mit dem Französischen 
es recht weit her ist, so sollte ich glauben, eine fremde 
Sprache ordentlich gelernt, und dann die Realwissenschaften, 
die ich eben angedeutet habe, würde vielleicht besser sein, als 
daß wir uns fortwährend mit diesen zwei halben Sprachen 
hinschleppen und im Großen und Ganzen Nichts damit leisten. 
Hier habe ich das gekennzeichnet, was die Industrie und das 
Gewerbe braucht, nicht blos der Inspektor, sondern auch der 
Besitzer einer großen Mühle, einer Brauerei, einer Brennerei, 
Stärkefabrik, und wie die Etablissements alle heißen, die der 
Mann mit seiner eigenen Kraft oder als Verwalter vertreten will. 
Haben wir diese beiden Gattungen ausgesondert, dann 
kommen wir zu dem höheren technischen Unterricht, zu dem— 
jenigen, der die jungen Leute befähigen soll für das Poly— 
echnikum, bis jetzt noch für die Bauakademie und für die 
Bewerbeakademie. Nun verstehe ich in der That nicht, wie 
aeben den 84 Realschulen und 240 Gymnasien noch eine 
dritte Anstalt als Versuchsanftalt gleichsam etablirt werden soll, 
um auch noch durch diese, durch einen neunjährigen 
Kursus, den ich einmal eine Seeschlange nennen möchte, 
für diese wissenschaftlichen höheren technischen Lehr— 
anstalten zu befähigen. Welche Eltern, meine Herren, 
sind wohl in der Lage, wenn sie ihre Kinder mit 9 Jahren 
auf die Schule schicken, 9 Jahre vorher bestimmen zu können, 
ob sie nach ihren Fähigkeiten und nach ihren Anlagen für 
die Industrie, für die Technik oder für irgend einen andern 
Lauf sich eignen. Zwingen Sie aber vorzugsweise die Technik 
in diese, wie Sie sagen, lateinlosen Schulen und geben Sie 
hnen blos als Aushängeschild, was sie befähigen soll zum 
Besuch der technischen Hochschulen und außerdem zum Staats- 
studium der Bauwissenschaften, dann, meine Herren, kann ich 
es nicht verstehen, welcher Grund zur Errichtung dieser 
Schulen vorliegen soll. Von allen Rednern ist anerkannt, 
daß diese 12 Anstalten, die hier wiederholt genannt sind, ab⸗ 
solut jeden Fachunterricht ausscheiden, daß sie also nur latein— 
lose Realschulen sind. Haben Sie nun aus Ihrer eigenen
	        
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