243 
Plenarverhandlungen 
Meine Herren, es ist Ihnen ja Allen bekannt, daß von 
einer nicht lang abstehenden Zeit an die technischen Schulen 
unter das Mimsterium des Unterrichts kommen sollen. Im 
Ministerium des Unterrichts ist für die Weiterbildung in allen 
höheren Fächern der Wissenschaft der Grundsatz festgehalten 
Porden, daß die vollendete Gymnasialbildung dazu erforderlich 
sei, und ich bin sehr begierig, zu erfahren, wie es mit den 
etzt getroffenen Maßnahmen sich stellen wird, wenn diese 
höheren technischen Bildungsanstalten unter das Unterrichts⸗ 
ministerium gekommen sein werden. 
Meine Herren, glauben Sie mir, es liegt in diesem Vor— 
gehen noch eine ganz andere besondere Gefahr der Reaktion 
Jegen klassische Bildung. Wir schweben jetzt aufgeregt an den 
Universitäten in der Sphäre der Frage, ob das Abiturienten— 
zeugniß von der Realschule zum Studium an der Universität, 
— —— 
befaäͤhigen soll, wie das Abiturientenzeugniß von den Gym— 
nasien. Glauben Sie mir: wenn man diese Frage speziell auf 
das Studium der Medizin bezieht, so sind die Antworten zu 
Gunsten der Realschulen lange nicht so zahlreich, wie man 
sich vielleicht denken mag. Wir wissen aus Erfahrungen an 
unsern Universitäten, daß Schüler von den Realschulen mit 
den vorzugsweise an ihnen gelobt werdenden Vorkenntnissen 
n den Naturwissenschaften und der Mathematik den betreffenden 
wissenschaftlichen Lehrern erst recht Schwierigkeiten machen, um 
die vorgefaßten Meinungen und die hinter dem Standpunkt 
der Wissenschaft zurückgebliebenen Lehren, die sie auf der Real⸗ 
schule angequält bekommen haben, erst zu beseitigen, um mit 
diesem Personalmaterial den Kursus des wissenschaftlichen 
Anterrichts erst nachher mit Erfolg beginnen zu können. Wir 
wissen aber ebenso bestimmt, daß eine vollständig errungene 
Gymnasialbildung den jugendlichen Geist in einer gewissen 
Objektivität, zu einer allgemeinen Empfänglichkeit für die 
Wissenschaften heranbildet, so daß er mit Unbefangenheit für 
dasjenige, was ihm vom Standpunkt der Wissenschaft an den 
Unlversitaͤten zugetragen wird, zu den Universitäten kommt. 
Meine Herren, es ist nicht wahr, daß die angebliche 
weitere Vorbildung der Realschüler in den Naturwissenschaften 
und der Mathemalik und dergleichen die an Universitäten sich 
mehr mit Naiurwissenschaften und Mathematik beschäftigenden 
Studirenden entschieden mehr vorbereite, als die eigentliche 
Gymnasialbildung, nicht die Gymnasialbildung, wie der Herr 
Regierungskommiffar recht schön hervorgehoben hat, im Lernen 
der griechischen und lateinischen Sprache, sondern die Gymnafial— 
bildung, welche mit Hülfe des Studiums dieser Sprachen in