Full text: Das technische Unterrichtswesen in Preußen

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Anlagen. 
Schulen einzuleiten. Bisher wurden an jeder dieser Anstalten 
zwei Zwecke gleichzeitig und miteinander verfolgt, nämlich 
erstens: künftige Polytechniker für das akademische Studium 
wissenschaftlich vorzubereiten, und zweitens: künftige Praktiker, 
welche ohne den Besuch eines Polytechnikums direkt aus der 
Schüle in das Leben treten wollten, für das Baufach, das 
Maschinenfach und die technische Chemie mit den erforder— 
lichen positiven Kenntnissen auszurüsten. Nach dem ersteren 
Zwecke war die Gewerbeschule wesentlich eine allgemeine 
Bildungsanstalt, welche an die Seite anderer höherer Lehr— 
anstalten nur mit dem Unterschied trat, daß sie nicht 
die klassischen, sondern nur moderne Sprachen trieb, und die 
mathematischen Disciplinen sowie das Freihand- und, Linear— 
zeichnen accentuirte. Nach dem zweiten Zweck trug sie mehr 
den Charakter einer Fachschule, welche das für den speziellen 
Beruf wünschenswerthe Wissen und Können, soweit dies eine 
Schule überhaupt vermag, zu vermitteln suchte. Beide Kate— 
Jorien von Schülern wurden in den unteren Klassen (Secunda 
und Prima), die man theoretische nannte und in denen das 
allgemein wissenschaftliche weit überwog, gemeinsam unter— 
richtet, eine Trennung trat erst in der obersten, sogenannten 
Fachklasse ein, indem die künftigen Polytechniker in die Ab— 
theilung A. übergingen, die künftigen Praktiker aber in die 
Fachabtheilungen B. C. D. für Bauwesen, Maschinenwesen 
und chemisch-kechnische Gewerbe eintraten. Die Trennung war 
ndessen auch hier keine vollständige; eine Anzahl von Lehr— 
fächern blieb selbst auf dieser obersten Stufe gemeinsam. 
Das gleichzeitige Verfolgen der beiden erwähnten Zwecke 
an ein und derselben Anstalt ist aber keinem von beiden för— 
derlich gewesen. Die künftigen Politechniker erhielten zu 
wenig sprachlich-historische und rein wissenschaftliche Lehrstunden 
und wurden vorzeitig in technische Disciplinen eingeführt, 
deren Studium besser der Hochschule vorbehalten geblieben 
wäre. Die künftigen Praktiker dagegen wurden zu lange bei 
den allgemeinen Bildungsfächern festgehalten und gewannen 
nicht den Raum und die Zeit zu einer gründlichen Beschäf— 
tigung mit dem, was zur speziellen Vorberathung für ihren 
Beruf nöthig war. 
Der letztere Mangel war so sehr in die Augen fallend, 
daß die Fachabtheilungen B. C. D. an den meisten Anstalten 
zußerst schwach und an manchen gar nicht besucht wurden. 
Nöthigen diese Thatsachen zur Reform der bestehenden 
Einrichtungen, so wird der Grundgedanke dieser Reform nur 
darin gefunden werden können, daß man die beiden, in der 
bisherigen Weise nicht mehr zu vereinigenden Zwecke ausein—
	        
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