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Denkschrift
lich im nächsten Jahre in der großen Lokomotio⸗ und Werk⸗
zeug-Maschinenfabrik zu Cassel der Anfang gemacht werden.
Der Besitzer derselben, Geheimer Commerzienrath Henschel, der
in der Konferenz im August d. J. Theil nahm, beabsichtigt
in seiner Fabrik eine Lehrwerkstätte zu eröffnen, in welcher
für Ajusteure, Monteure u. s. w. unter der Leitung eines
Technikers, Werkmeisters und älterer Arbeiter täglich ein
ystematischer Unterricht bei voller Benutzung der Arbeits⸗
zeit ertheilt werden soll. Vor anderen sich Meldenden sollen
zunächst diejenigen jungen Leute, welche den Fachunterricht
der Casseler Gewerbeschule absolvirt haben, aufgenommen
werden. Die Abiturienten können das 17. resp. 18. Lebens⸗
jahr vollendet haben, und dieses kräftigere Alter scheint dem
Besitzer der Fabrik bei der Schwere der Arbeit und der An—
spannung, welche der conzentrirte Unterricht verlangt, er⸗
wünschter, als das 15. oder 16. Jahr, welches der Schüler
hei dem Eintritt in die Fachklassen erreicht haben würde.
Die Lehrzeit ist je nach dem Ziel, welches der junge Mann
sich steckt, auf 1 bis 2 Jahr bemessen. Der Eintretende erspart
durch den Lehrgang zunächst das Jahr, welches er jetzt zur
Voruͤbung bei einem Schlosser zubringen muß, ehe er in eine
Fabrik aufgenommen wird, und er kann außerdem durch den
methodischen Gang der Uebungen und die beständige Anleitung
in einem Jahr mehr und Tüchtigeres lernen, als jetzt in
mehreren Jahren. Ueber die spezielle Organisation der Werk—⸗
stätte und die Aufnahmebedingungen ist ein definitiver Ent—
schluß noch nicht gefaßt worden.
Die Schulen, welchen sich, wie schon erwähnt, das all—
gemeine Interesse neuerdings ganz besonders zugewandt hat
ind die von verschiedenen Seiten als das sicherste Mittel zur
Heilung wirthschaftlicher und sozialer Mißstände empfohlen
werden, sind diejenigen, welche für die Söhne des kleinen
Gewerbetreibenden und des Arbeiters bestimmt sind, von den
Eintretenden die Bildung der Volksschule und bisweilen nicht
einmal diese verlangen und mit einem beschränkten theoretischen
Unterricht einen praktischen in den Lehrwerkstätten verbinden.
Derartige Schulen finden sich in mehreren außerdeutschen
Ländern und unterscheiden sich, abgesehen von weniger wichtigen
Abweichungen in der Organisation, hauptsächlich darin von
einander, daß bei den einen der praktische Unterricht mit der
Volksschule verbunden ist, bezw. dieselbe ergänzt, in den anderen
aber nur solche Schüler Aufnahme finden, welche die Volks—
schule hinter sich haben.
Zur letzteren Gattung gehört die Schule La Martinière,
ccole des sciences et des arts industriels de Lyon, welche
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