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Kommissionsberichte
könne ein einziger Mann ganze wichtige Zweige des Unterrichts
lahm legen. Der Streit zwischen Gymnasium und Realschule
hleibe immer auf der Tagesordnung und komme nicht vorwärts,
nur weil es an einer Instanz fehle, die diese Dinge ex pro-
kesso pflege. Kommissionen ad hoc genügten nicht. Bei ihrer
Zusammensetzung spiele der Zufall zu sehr mit; sie könnten
gut und schlecht ausfallen. Eine ständige Institution, für
welche in anderen Ländern Vorbilder bestünden (Unterrichtsrath),
thue noth. Bei den Universitäten empfinde man ihren Mangel
sehr stark. Auch beim Volksschulwesen reiche die jetzt für die
Bearbeitung der Frage vorhandene Form gar nicht aus, und
es könnte nur fördernd wirken, wenn auch das in Aussicht ge—
nommene Unterrichtsgesetz durch eine ständige Instanz vorbe—
rathen werde. Bei aller Anerkennung, die man für den gegen—
wärtigen Kultusminister habe, könne das ganze Unterrichts—
wesen nicht ausschließlich von dieser einen Person abhängen;
er könne es gar nicht leisten. Ihm selbst werde es angenehm
sein, durch die Schaffung eines Unterrichtsraths von der unge—
—
Unterrichtswesens auf dem Wege der Etatsberathung vorzu—
nehmen, sei nicht glücklich und könne eine Wirkung herbei—
führen, die man weder berechnet noch beabsichtigt.
Von Seiten des Vertreters des Unterrichtsministeriums
wurde der Erweiterung des Miquél'schen Antrages kein Beifall zu
Theil. Der Einsetzung einer ständigen Kommission für die
Berathung des technischen Unterrichtswesens werde man zu—
stimmen können; da liege ein beschränktes Feld vor, wo die
Bedürfnißfrage nicht zweifelhaft. Wenn man dagegen den
Minister zwingen wolle, in allen Fragen des Unterrichtswesens
eine Kommission zuzuziehen, so würde dieselbe durch Schwer—
fälligkeit und Weitläufigkeit sich hindernd geltend machen. Außer—
dem seien die technischen Fragen des niedern, des höhern Schul—
wesens und der Universitäten so verschieden und mannigfach, daß
unmöglich ein einziges Collegium sie alle zu begutachten geeignet
sein würde. Der jetzige Herr Kultusminister mache es sich zur
Regel, stets den Beirath von tüchtigen Männern aller Art zu hören,
ehe er zu Organisationsmaßregeln schreite. Der der Unterrichts—
oerwaltung gemachte Vorwurf, daß die einzelnen Dezernenten
zu viel Macht besäßen, treffe nicht zu. Der Einfluß dieser
Beamten sei sehr beschränkt durch die Codezernate und die
theilweise kollegialische Vorberathung von wichtigen Dingen.
Mit den gegenwärtigen Mitteln reiche der Minister zur Er—
füllung seiner Aufgabe vollständig aus, der vorgeschlagene
Unterrichtsrath werde ihm keine Hülfe bieten, im Gegentheil
werde er das freie Schaffen hindern.