Full text: Das technische Unterrichtswesen in Preußen

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Kommisfionsberichte 
er mußte die entrüstete Frage der Petenten: ob man denn 
eiwa die Leistungsfäͤhigkeit der Baubeamten zu steigern für 
nothwendig erachte, seinerseits in dem Sinne bejahend beant⸗ 
worten, daß nach seiner Erfahrung und Beobachtung die⸗ 
jenigen Bautechniker, welche den Gymnasialkursus voll—⸗ 
endet haben, und sogar auch frühere Realschüler, bei ihrem 
Eintrist in die Bauakademie, ja noch lange nachher einen 
wesentlichen Mangel ihrer Vorbildung im Zeichnen zu beklagen 
pflegen, weil ihre Hand wie ihr Auge zu ungeübt sei, um den 
Ansorderungen der Akademie zu entsprechen. Aehnliche Klagen 
seien ihm von mancher befreundeten Seite auch in Betreff der 
mathematischen Vorbildung, die namentlich bei früheren Gym— 
asiasten haͤufig eine mangelhafte sei, vielfach entgegenge— 
reten. Die Fertigkeit in den fremden modernen Sprachen, 
die dem Gymnafiasten beinahe vollständig abzugehen pflege, 
sttelle sich immer mehr, und nicht am Wenigsten bei Bau— 
technikern, als ein unabweisliches Erforderniß dar. Es sei 
süübrigens bemerkenswerth, daß, soviel ihm bekannt, aus 
keiner der drei Klassen von Lehranstalten, welche durch 
die Neuordnung berührt würden, weder von Gymnasien, 
noch von Realschulen, noch von technischen Hochschulen eine 
Klage über die beabsichtigte Reform laut werde. Diese Be⸗ 
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nischen Anstalten, welche umgekehrt ohne Ausnahme mit dem 
erwarteten Hinzutritt von Abiturienten der neunklassigen latein⸗ 
losen Gewerbeschulen einverstanden zu sein schienen. Habe 
doch die Delegirtenversammlung sämmtlicher polytechnischer 
Hochschulen Deutschlands, welche im vergangenen Frühjahr 
n Dresden tagte, fich einmüthig der Ansicht zugeneigt, daß 
alle Schulgattungen mit neunjährigem Kursus die Berechtigung 
wie zum Eintritt in das Polytechnikum, so zur Staats- 
prüfung erhalten möchten. Mit mehr Recht, als die 
Petition in der beabsichtigten Zulassung von Gewerbeschul— 
abiturienten eine Beschränkung in der Wahl der Lebenslauf— 
hahn erblickt, könnte im Gegentheil behauptet / werden, daß 
das Monopol der Gymnasien für die Ausbildung zu höheren 
Beamtenkarrieren eine Beschränkung in der Wahl der späteren 
Laufbahn in sich schließe, insofern das Gymnasium für keine 
der verschiedenen technischen Thätigkeiten eine ausreichende Vor— 
bereitung bietet. Wenn die Petition sich dahin äußere, daß 
die Gewerbeschule nur in der Zurückführung auf ihren ur— 
sprünglichen Zweck, eine Handwerker-Schule zu sein, ihr 
Gedeihen finden könnte, so sei das streng genommen 
ein Streit um Worte, indem, um dieser Meinung gerecht zu 
werden, nichts weiter nöthig sei, als die neunklassige, lateinlose 
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