Full text: Die Luftschiffahrt nach ihrer geschichtlichen und gegenwärtigen Entwicklung

Die Organisation der Militär-Luftschiffahrt von 1871 ab in Frankreich. 175 
Mit diesem neuen Material wurde 1890 das erste größere 
Manöver mitgemacht, bei dem der Wagenpark in zwei Staffeln in der 
Weise marschierte, daß sich in der Gefechtsstafel Ballon, Winde 
mit Tender und Gaswagen, in der zweiten Staffel Gaserzeuger, Wagen 
mit Kompressor und Gaswagen befanden. 
Der kommandierende General Loizillon stieg selbst im Ballon 
auf, erkundete einmal auf 13 km die feindliche Stellung und gab 
alle seine Befehle von der Gondel aus. 
Auch bei den großen Manövern 1891 stieg der Oberkomman- 
dierende Gallifet auf dem Gefechtsfelde auf und leitete 2! Stunden 
lang von oben die Bewegungen seiner Truppen. 
Entsprechend den schon früher gemachten Hinweisungen wurden 
Versuche angestellt, die Brauchbarkeit der Luftschifferabteilungen 
bei der Marine festzustellen. Der günstige Ausfall der Übungen 
führte zur Einrichtung von Marineluftschiffer-Parks in Toulon und 
Lagoubran bei Brest, bei denen jährlich eine Anzahl Offiziere 
und Mannschaften ausgebildet wurden. 
Auch die Marine übte eifrig und machte namentlich Versuche 
in der Auffindung von Unterseebooten. Im Juni 1902 ertrank der 
Schiffsleutnant Baudie, welcher mit dem Freiballon bei Lagoubran 
aufgestiegen war, bei der Landung im Meere. 
Die Auffahrten mit den am Achterdeck gefesselten Aerostaten 
wurden fortgesetzt und im August das Herannahen des Untersee- 
bootes »Gustave Zede« frühzeitig gemeldet. 1904 wurden trotz- 
dem die Marineabteilungen aufgelöst, eine Maßregel, welche in Frank: 
reich große Aufregung hervorrief, aber doch wohl ihre berechtigten 
Gründe gehabt haben mag. 
Im übrigen liegen die Vorteile eines Erkundungsballons an der 
Küste auf der Hand, bei einigermaßen sichtigem Wetter und ge- 
nügender Steighöhe kann das Herannahen feindlicher Schiffe auf 
weite Entfernungen hin gemeldet werden. 
Nach verschiedenen Neu- und Umformationen hat Frankreich 
sein Luftschifferwesen in der ausgezeichnetsten Weise organisiert und 
namentlich die Truppe frei von allen Versuchen gemacht, so daß 
dieselbe sich lediglich der Ausbildung ihrer Offiziere und Mann- 
schaften widmen kann. 
[In einem in Paris eingerichteten Laboratorium für Untersuchungen 
auf dem Gebiete der Aeronautik werden alle einschlägigen Fragen 
studiert und die praktischen Versuche vorbereitet. In dem Zentral- 
etablissement zu Chalais-Meudon befindet sich eine Lehranstalt
	        
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