Full text: Die Luftschiffahrt nach ihrer geschichtlichen und gegenwärtigen Entwicklung

Der Sport in der Luftschiffahrt. 
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Stelle vollends durchzuschneiden. Das Seil flog auf die Dächer, ein 
Ende klatschte dicht bei einem erstaunten Kahnschiffer in der Nähe 
der Martinsbrücke in die Ill. 
Das Rollen und Prasseln der Ziegel hörte sich zwar unheimlich 
an, aber wir hörten es nie lange, wie wir denn ein besonders un- 
heimliches Gefühl bei der ganzen Schleiffahrt nicht empfanden, und 
zwar außer wegen der Zuversicht zum Führer auch deswegen nicht, 
weil wir von Augenblick zu Augenblick vor immer andere Situa- 
tionen gestellt wurden und dementsprechend auch immer eine andere 
Initiative haben mußten. 
Unser Löwenritt ging weiter: die Dächer der Finkweilergegend 
waren unsere altersschwachen Giraffen. Ein Dach in dieser Gegend 
mit Dachdeckerhaken ist mir noch in lebhafter Erinnerung. Wir 
stießen mit dem Korb auf dieses Dach, dicht unter dem First, daß 
es nur so krachte! — Aber wir sahen auch nolens volens diskrete 
Dinge. So einmal, zum Greifen nahe, eine ganze Reihe von Wäsche- 
stücken, die hoch oben zwischen Erde und Himmel zum Trocknen 
hingen und dem gewöhnlichen Sterblichen von unten aus ein schönes 
Geheimnis bleiben mußten. 
Wir hatten unterdes auch noch die Planen, leeren Säcke, den 
leeren Instrumentenkasten — jemand muß aus Versehen auch meinen 
Hut dabei erwischt gehabt haben — als Ballast geworfen — der 
Instrumentenkasten ist sonderbarerweise dabei heil geblieben — und 
näherten uns nun, nach einer flüchtigen Bekanntschaft mit dem Turm 
der Zionskirche, zu unserer Befriedigung schnell der Umwallung. 
Ein uraltes Häuschen der Elisabethwallstraße wurde als letztes Hin- 
dernis bei diesem Rennen genommen und bekam noch einen brüsken 
Rippenstoß, der es um einen Teil eines Schornsteins und ein paar 
Quadratmeter Dachfläche brachte, und nun hatten wir — dicht am 
Furagemagazin vorbeischießend — die Bahn frei. 
Wir waren nun niedrig genug, um die Reißleine in Tätigkeit 
treten zu lassen. Wir zogen sie alle drei. Der Führer ruft: »Jetzt 
gibt's eine kalte Dusche!« — Ich dachte eine kalte Ente wäre besser, 
— doch, obgleich die Reißvorrichtung sofort funktionierte, kamen wir 
gerade noch auf das linke Illufer, wo wir, da sich‘ der Ballon 
schikanöserweise auf die Seite der Reißvorrichtung gelegt hatte und 
so das Gas noch teilweise gefangen hielt, noch eine kurze Schleiffahrt 
über Rasen machten — ein wahres Vergnügen, nur Herr Leutnant 
George war dabei in etwas unbequemer Situation — und dann an 
einem Artillerieunterstand (unweit des Elektrizitätswerks) festhingen.
	        
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