Wissenschaftliche Lufitschiffahrt.
277
Angabe sehr wohl auf Richtigkeit beruhen kann. Zu niedrige Zahlen
können überhaupt nicht angezeigt werden, weil es keinen Einfluß
gibt, welcher die Temperatur unter die wahre Lufttemperatur herab-
zudrücken vermöchte. Durch Sonnenstrahlung oder Ausstrahlung der
Körperwärme können die Werte lediglich erhöht werden.
Auch der schon genannte Arago verteidigte die Angaben von
Barral und Bixio, weil er schon erkannt hatte, daß man den Ein-
fluß der Sonne beseitigen müsse. In England waren es Welsh und
später Glaisher, welche zeitweise durch Ventilationsvorrichtungen —
Aspiration — die wahre Temperatur zu ermitteln: suchten, doch
legten sie selbst ihren Arbeiten nicht diejenige Bedeutung bei,
welche dieselben unter allen Umständen verdienten. Die Auffahrten
Glaishers sind die bedeutendsten, welche bis 1887 unternommen
sind, und sie galten lange Zeit als unanfechtbar, bis Aßmann un-
zweifelhaft nachwies, daß die Folgerungen aus ihnen fast wertlos
sind, weil ihre Beobachtungen auf unzuverlässigen oder, richtiger
gesagt, meist falschen Temperaturangaben beruhten.
Von den französischen Luftschiffern wurde noch eine Reihe
Aufstiege unternommen, welche jedoch in ihrer Bedeutung für
meteorologische Zwecke hinter den Glaisherschen zurückstehen,
während vielfach wertvolle Untersuchungen nach anderen Rich-
tungen hin vorgenommen wurden, auf welche wir noch zurück-
kommen werden.
Von den Forschern Frankreichs sind besonders erwähnenswert:
Camille Flammarion, der populäre astronomische Schriftsteller,
Wilfrid de Fonvielle, der noch heute lebende begeisterte Luft-
schiffer der Theorie und Praxis, die Gebrüder Tissandier, deren
lenkbaren Ballon wir an anderer Stelle beschrieben haben, Sivel
und Croc&6-Spinelli, welche ihren Forschungsdrang mit dem
Tode bezahlen mußten, Moret, Dute-Poitevin, Hermite,
Besancon u. a. Es würde zu weit führen, ihren Anteil an der
Aufklärung atmosphärischer Verhältnisse besonders hervorzuheben,
obgleich sie an Bedeutung anderen Forschern keineswegs nachstehen.
Von englischen Fahrten ist eine noch bemerkenswert, weil mit
ihr das Parlamentsmitglied Powell, der mit den Hauptleuten
Templer und Gardner für meteorologische Zwecke aufgestiegen
war, seinen Tod durch Ertrinken im Meere fand, nachdem die beiden
Offiziere bei der Landung aus dem Korbe geschleudert waren.*)
') Wilfrid de Fonvielle: »Les grandes Ascensions Maritimes«, Paris, Auguste
Ghio, 1882.