Full text: Die Luftschiffahrt nach ihrer geschichtlichen und gegenwärtigen Entwicklung

Aufstiege von Montgolfieren, Charlieren und Rozieren. 19 
In demselben Jahre noch unternahm Rozier auch die erste 
freie Ballonfahrt mit dem ihm befreundeten Infanteriemajor 
Marquis d’Arlandes. Es war mit großen Schwierigkeiten ver- 
knüpft, die Erlaubnis hierzu vom Könige zu erlangen. Dieser hatte 
zwei zum Tode verurteilte Verbrecher zum Mitfahren bestimmt, 
denen nach glücklichem Ausgange des Aufstiegs das Leben ge- 
schenkt werden sollte. 
Es ist dies begreiflich, da man ja in jenen Zeiten noch keine 
Ahnung davon hatte, welchen Einfluß die Atmosphäre in größeren 
Höhen auf den menschlichen Organismus ausübt; die große Besorgnis 
für das Leben und die Gesundheit der Luftschiffer kann daher 
nicht befremden. 
Großer Mühe und vieler Fürsprecher und namentlich Fürspre- 
cherinnen bedurfte es, den König von seinem Entschlusse abzu- 
bringen und die Ehre der ersten Freifahrt den beiden Edelleuten 
zu sichern. Am 21. November 1783 stiegen Pilätre de Rozier und 
Marquis d’Arlandes zum ersten Male in einem ungefesselten Ballon 
in die Lüfte und hatten nach 25 Minuten eine glatte Landung. 
Allerdings wäre beinahe doch noch ein Unglück passiert, da der 
Ballonstoff sofort in sich zusammenstürzte und Rozier unter seinen 
Falten begrub. Es gelang ihm aber mit Hilfe seines Begleiters, 
schnell unter der Hülle hervorzukriechen. 
Derartige Zwischenfälle ereignen sich auch in heutiger Zeit 
gelegentlich noch, wenn bei windstillem Wetter das bei der Lan- 
dung aufgerissene Luftschiff sich sehr schnell vom Gase entleert 
und seine Hülle senkrecht herunterfällt. Vor einigen Jahren wäre 
ein österreichischer Offizier durch die zusammenfallende Hülle bei 
der Landung erstickt, wenn ihn seine Kameraden nicht schnell her- 
vorgezogen hätten. 
Durch die geschilderte Freifahrt wurde das Interesse an dem 
neuen Sport in den weitesten Kreisen geweckt. Schon im nächsten 
Jahre sehen wir auch Damen in den Korb steigen. Am 20. Mai 
veranstaltete Montgolfier in Paris mit einem 25 m hohen, kugel- 
förmigen Aerostaten eine Reihe von Fesselaufstiegen, an denen 
die vornehme Damenwelt teilnahm, z. B. die Marquise von 
Montalembert, die Gräfin gleichen Namens, Gräfin von 
Podenas u. a. 
Dies reizte auch andere unternehmungslustige Frauen, und am 
4, Juni 1784 wurde die erste Freifahrt zu Lyon von Madame Thible 
in Gegenwart des Königs Gustav III. von Schweden im Ballon 
D*
	        
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