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Sechsundzwanzigstes Kapitel.
oder bei den Vereinen einer ad hoc ernannten Kommission aus-
gefallen ist.
Der Wiener Aeroklub unterscheidet sogar noch Führer erster
und zweiter Klasse und macht die Ernennung zum Führer erster
Klasse von dem Ausfallen einer allein zu unternehmenden Ballon:
fahrt abhängig, ein Verfahren, welches auch anderen Vereinen
smpfohlen werden kann.
Die Berufsluftschiffer dagegen und diejenigen Amateurluftschiffer,
velche keinem Verein angehören, erteilen sich selbst die Befähigung,
Ballons zu führen, und fahren vielfach ohne die geringste Erfahrung
darauf los. Zur Vermeidung von Unglücksfällen wäre es sicher sehr
erwünscht, wenn hierin Wandel geschaffen würde.
Ein krasses Beispiel haben wir im vergangenen Jahre in Deutsch-
iand gehabt. Ein Ingenieur Vollmer hatte nach einigen wenigen
sehr kurzen Ballonfahrten von einem Berufsluftschiffer die Qualifi-
kation als Führer erhalten. Flugs machte er mit einem Passagier
von Essen aus eine Auffahrt, bei welcher der Ballon bei klarstem
Wetter und nicht sehr starkem Winde von ihm bei Ostende in die
Nordsee geführt wurde. Beide Luftschiffer ertranken. Unzweifelhaft
ist das Unglück durch mangelhafte Erfahrung im Führen veranlaßt.
Ein Laie, welcher die Fähigkeiten seines Führers nicht kannte,
wurde das Opfer von dessen Unfähigkeit. Hiermit ist der Zwang
des Einschreitens für die Behörden erwiesen. Aber auch gänzlich
Unbeteiligte sind Gefahren seitens solcher unausgebildeter Ballon-
führer ausgesetzt. Schon bei der Füllung können sich bei unsach-
gemäßer Leitung durch Explosionen unsagbare Unglücksfälle er-
eignen. Ferner können auch bei der Landung Personen verletzt
werden,
Die Forderung nach einem staatlichen »Brevet« ist deshalb eine
Forderung im allgemeinen Staatsinteresse.
Besondere Vorschriften werden in Brüssel für die Ballonbesitzer
vorgeschlagen:
Alle Privatluftschiffe müssen beim Staate angemeldet und ein-
geschrieben werden. Jedes Luftschiff erhält Namen, Inhaltsbezeich-
nung und Nummer, welche in großer Schrift auf der Hülle anzu-
bringen sind. Auch der Wohnort des Besitzers muß genau an-
gegeben sein. Heimatshafen und Nummer sind in roter Farbe
anzubringen.
Die Abfahrt jedes Privatballons wird durch den Staat kon-
irolliert.