104
Neuntes Kapitel.
später wieder zurückgegangen. Wäre der erste Schuß weit er-
schienen, so würde die Gabelung in derselben Weise zwischen 7200
und 6400 m erfolgt sein.
Gegen Ballons kommen ausschließlich Flachfeuergeschütze mit
weitreichendem Schrapnelschuß zur Verwendung. Die großen Ge-
schützfabriken haben in neuester Zeit besondere Kanonen konstruiert,
die zum Teil auf Automobilen montiert sind und die Beschießung der
Luftschiffe durchführen sollen. Auch sind eigens Brandgeschosse
hergestellt, welche die Ballons in Brand setzen.
Nach den Friedenserfahrungen kann man darauf rechnen, daß
ler Ballon in durchschnittlich 10 Minuten heruntergeschossen wird.
Bei einem Luftschiff, das seine Stellung fortwährend schnell
verändern kann, also bei Frei- und namentlich bei lenkbaren Ballons,
Jürfte das Herabschießen doch seine Schwierigkeiten haben und in
so kurzer Zeit nicht möglich sein.
Jedenfalls fehlten bislang größere Erfahrungen; gelegentlich
sind Schießversuche auf See gegen durch Schiffe nach verschiedenen
Richtungen hin bewegte Aerostaten ausgeführt worden.
Handfeuerwaffen haben die frei fliegenden Luftschiffe nicht zu
‘ürchten, weil sie sich deren Feuer schnell entziehen können. Bis
zu 1500 m‘ Entfernung kann man durch ein Infanteriemassenfeuer
aoch Wirkung erwarten; aber so nahe geht der Luftschiffer kaum
an den Feind heran.
Es sei hier auf eine durchaus falsche Auffassung aufmerksam
zemacht, die bei den Erörterungen immer wiederkehrt. Die durch
Kugeln einem Ballonetluftschiff oder Drachenballon zugefügten
Löcher können sich nicht von selbst schließen. Das Gas muß
ınweigerlich ausströmen wegen des im Innern vorhandenen Über-
Irucks. Auch die Löcher, die im oberen Teile eines Freiballons
antstehen, können sich nicht schließen, es wäre dies nur denkbar
bei einem nicht prall gefüllten Ballon, bei dem die Falten des
Stoffes Löcher verdecken können. Bei der Fahrt wird aber ein
Aerostat sich meist in Prallhöhe befinden.
Kehren wir nach dieser Abschweifung zur Belagerung von Paris
zurück. Die gut organisierte Ballonpostverbindung stachelte begreif-
licherweise Luftschiffer vom Fach an, den umgekehrten, weit schwieri-
geren Versuch zu unternehmen, in die belagerte Stadt zu fliegen.
Zu diesem Zwecke baute Gaston Tissandier in Tours einen 1200 cbm
großen Ballon, der mit Depeschen bei günstiger, am Zuge der
Wolken festzustellender Windströmung nach Paris aufgelassen werden