Zwölftes Kapitel.
Die Entwicklung der lenkbaren Luftschiffe.
Es ist bezeichnend für das rastlose, fast nervös zu nennende
Vorwärtsstreben des menschlichen Geistes, daß die meisten Leute,
die sich in jener Zeit der allerersten praktischen Erfolge mit der
Luftschiffahrt beschäftigten, noch ehe sie in das Wesen der neuen
Erfindung völlig eingedrungen waren, darangingen, den Ballon durch
besondere Konstruktionen in willkürlich gewählter Richtung zu lenken.
Groß ist die Zahl der zu diesem Zwecke tatsächlich gebauten
Fahrzeuge, Legion die Reihe der Projekte. Die Brauchbarkeit
aber steht in umgekehrtem Verhältnis zu ihrer Menge.
Beim Studium eingehender Werke über die Aeronautik fällt auf,
daß man immer wieder denselben Ideen begegnet, sind sie auch
noch so unsinnig! Von fast allen guten oder schlechten Konstruk-
tionen der Neuzeit kann man sagen, daß sie in irgendeiner ähn-
lichen Form schon einmal dagewesen sind.
Den Behörden oder Luftschiffervereinen gehen täglich Schrift-
stücke zu, in denen die Erfinder, wie es in beliebten Schlagwörtern
heißt, endlich das »Problem der Lenkbarkeit gelöst« haben. Der
tollste Unsinn, den je eine menschliche Phantasie zu ersinnen ver-
mag, überrascht selbst in unserer aufgeklärten Zeit nicht.
Aus den Sagen des Altertums ist uns die Erzählung von dem
Perserkönige überliefert, der seinen Thron durch Adler in die Lüfte
iragen ließ. In solchen Gedanken der ältesten Zeiten finden wir
nichts Auffallendes; aber überrascht wird man über den Titel eines
erst im vorigen Jahrhundert, im Jahre 1801, vom Österreicher
Kaiserer herausgegebenen Werks: Ȇber meine Erfindung, einen