Die Lenkballons von 1898—1909.
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Bei allen Konstruktionen wurde die dem Parseval-Luftschiff
eigene Vorrichtung zum Ausgleich des Kippmomentes beim Anfahren
beibehalten. Da nämlich die Gondel mit Luftschraube sehr tief
aängt, würde beim Anfahren die Spitze des Luftschiffes aufkippen,
wenn sie nicht in diesem Augenblick nach unten gezogen würde.
Deshalb sind unter der Gondel in der Längsrichtung des Luftschiffes
zwei Stahldrähte gezogen, auf welchen die Gondel mittels Rollen
sich nach vorn bewegen kann. Hierdurch wird das Gondelgewicht
bei der Abfahrt so verteilt, daß das Luftschiff ohne Aufkippen abfährt.
Die Erfolge des Parsevalschen Luftschiffes gaben den Siemens-
Schuckertwerken den Anstoß zu dem Gedanken, ein weiteres Luft-
schiff in erheblich größeren Dimensionen auszuführen, in der Hoff-
nung, daß man dadurch eine weit größere Tragfähigkeit und Eigen-
geschwindigkeit erzielen könne als bei Luftschiffen starrer Bauart.
In Biesenthal bei Berlin wurde eine drehbare Halle errichtet, in der
sich seit Herbst 1908 die Hülle eines (12000 cbm ?) großen, lang-
gestreckten Ballons zur Montage befindet. In dem langgestreckten
Ballonkörper mußte Fürsorge getroffen werden, daß
das Gas nicht unnötig hin und her fließt. Wie dies
im einzelnen erreicht worden ist, kann der Öffent-
lichkeit erst übergeben werden, wenn die Versuchs-
iahrten begonnen haben. Zu erwarten ist, daß
die ersten Fahrten noch Ende 1909 beginnen.
Auch in Frankreich hat man erkannt, daß
das schnelle und leichte Zusammenlegen der lenk-
baren Ballons sehr von Wichtigkeit ist, wenn die
Lufischiffe mit kleinem Aktionsradius bei den Feld-
armeen verwendet werden sollen. Der bekannte
Luftschiffer Graf de la Vaulx in Paris hat deshalb
ebenfalls einen Motorballon. gebaut, der rasch zer-
legt und in vier Pakete zusammengelegt werden
kann. Das erste Paket von 1 cbm Rauminhalt
anthält die Hülle, das zweite die Gondel mit einer
Bodenfläche von 2 X 1 qm und endlich das dritte
and vierte Paket je einen Teil des Kiels.
Die Bauart des Ballons geht aus der schematischen Zeichnung
hervor. Es ist nur weniges noch näher zu erläutern.
Graf de la Vaulx benutzt deutschen, diagonal gelegten, gelb-
gefärbten Baumwollstoff, weil derselbe in Frankreich noch nicht in
der unbedingt erforderlichen Güte hergestellt wird.
Graf de 1a Vaulx.