Neunzehntes Kapitel.
Wissenschaftliche Luftschiffahrt.
Unter wissenschaftlicher Luftschiffahrt versteht man die Bestre-
bungen, mit Hilfe von bemannten und unbemannten Luftballons
der Drachen den Zustand und die Erscheinungen der Atmosphäre
zu untersuchen. In erster Linie denkt man hierbei zwar an die
Meteorologie, aber im weiteren Sinne kann man auch solche Fahrten
hierher rechnen, die für astronomische Zwecke zur Beobachtung von
Sonnenfinsternissen, Sternschnuppenfällen usw. oder zur Erforschung
der Polargegenden unternommen werden. Den Meteorologen ge-
bührt jedenfalls das Verdienst, sich zuerst, und zwar in umfassendster
Weise den Aerostaten nutzbar gemacht zu haben.‘)
Die erste Anregung, auf Bergen meteorologische Beobachtungen
anzustellen, gab 1647 die Feststellung des Franzosen Perier, daß
auf dem Gipfel des Puy de Döme der Stand des Barometers ein
tieferer war als in niedrigeren Höhen. Aber erst 1780 begann der
Genfer Physiker Benedict de Saussure mit den Vorbereitungen
zu einer wissenschaftlichen Expedition auf den Montblanc, die
1787 durchgeführt wurde.
Inzwischen war die Nachricht von der Erfindung der Gebrüder
Montgolfier wie ein Lauffeuer durch die Welt gegangen, und den
Gelehrten wurde es bekannt, daß ihr Kollege Charles bei seiner
1) Das umfassendste Werk über diese Materie ist unter dem Titel »Wissen-
schaftliche Luftfahrten« von R. Aßmann und A. Berson im Verlage von Friedr.
Vieweg & Sohn in Braunschweig 1899 herausgegeben.