Wissenschaftliche Luftschiffahrt.
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die Schichten von 4—8 km ungeschwächt passiert und erst höher
hinauf absorbiert wird, folgerten und berechneten.
Erst die eingehenden Sondierungen der Atmosphäre und die
Schlüsse, die man aus ihnen hat ziehen können, haben die Lösung
eines anderen Problems aussichtsvoll gestaltet, das in neuester Zeit
viele Luftschiffer beschäftigt hat: die Erreichung der nahe am Pol
liegenden Regionen mittels Ballons.
Die Versuche von Andree und Wellmann sind gescheitert;
außer in dem mangelhaften Material liegt der Grund hierfür in der
damaligen Unkenntnis der meteorologischen Verhältnisse in der
Arktis.
Ob man den Pol selbst mittels Luftschiff in Zukunft erreichen
kann, braucht nicht bezweifelt zu werden.
Wind und namentlich Nebel sowie die Bildung von Rauhreif
bieten aber sehr erhebliche Hindernisse.
Die Windstärke ist auf der Framexpedition für die Monate
Juni, Juli und August im Mittel auf nur 5 m/sek festgestellt. Bei
Havarien wäre es von höchster Wichtigkeit, ein zweites Luftschiff
zur Verfügung zu haben, das durch Funkenspruch herbeigerufen
werden könnte. Wenn aber aus irgendwelchen Gründen die Ver-
ständigung mit dem anderen Fahrzeug versagt, oder wenn auch
dieses einen Unfall erleidet, so bedeutet die Rückreise eine zweite
Expedition, aber mit sehr beschränkten Hilfsmitteln.
Außer den Beobachtungen, die aus der Trift des Fram ge-
wonnen wurden, sind die schon erwähnten Untersuchungen von
Berson-Elias und H. Hergesell sehr wertvoll. Hergesell ließ 1906
auf Spitzbergen 29 Pilotballons aufsteigen. Auch die Unter-
suchungen von Rempp während der Expedition v. Hewald-Hilde-
brandt haben Aufklärungen nach verschiedenen Richtungen hin
gegeben.
Wechselnde Winde wurden selbst in den höheren Luftschichten
gefunden. Bis 8000 m ergab sich eine sehr langsame Temperatur-
abnahme. Die hohe Inversion tritt in den nördlicheren Breiten in
niedrigerer Höhe auf.
Die Methode der Drachen- und Fesselballonaufstiege wurde
auch bei den unter Alfred Wegeners Leitung erfolgten aerologischen
Forschungen der Danmark-Expedition an der Nordostküste Grön-
lands mit Erfolg benutzt. Die Seltenheit des Ostwindes und das
häufige Abflauen des Windes, eine ausgesprochene Abnahme seiner
Stärke mit der Höhe, sind hier sehr bemerkenswert. Die Wind-