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Neunzehntes Kapitel.
deren Gebrauch er verloren hatte und die ganz schwarz aussahen.
Während er auf dem Ring gesessen habe, sei er von der furcht-
baren Kälte ergriffen; er habe sich auf den Ellenbogen in den Korb
yleiten lassen, da er die Hände nicht zu gebrauchen vermochte.
Als er dann mich ohnmächtig liegen sah, hätte er mit den Zähnen
die Ventilleine gepackt und das Ventil geöffnet.
Ich nahm 2 Uhr 7 Minuten meine Beobachtungen wieder auf.«
Die weitere Erzählung Glaishers hat auf den körperlichen Zu-
stand bei dieser Hochfahrt keinen Bezug mehr, bemerkt sei nur,
Jaß nach der Landung sich keinerlei Nachteil für den Körper ein-
yestellt hat.
Glaisher gibt die Höhe auf 11300 m an, aber Aßmann hat
nachgewiesen, daß die erreichte Höhe auf keinen Fall 8990 m über-
schritten haben kann. Jedenfalls ist aber trotzdem diese Fahrt als
eine erstaunliche Leistung anzusehen; ohne Sauerstoff zu atmen, ist
aoch kein Mensch zuvor und auch später nicht!) bis zu solchen
Höhen vorgedrungen.
Die Erlebnisse Glaishers führten nun dazu, Untersuchungen
anzustellen über das Verhalten des tierischen Organismus in starker
"uftverdünnung und bald auch, wie sich dieser Zustand wieder
ändert beim Einatmen von reinem Sauerstoff,
Zunächst wurden durch den Franzosen Paul Bert unter der
Luftpumpe mit kleinen Vögeln Experimente angestellt, die ergaben,
Jaß tatsächlich alles Unbehagen des Körpers in dünner Luft beim
Zinatmen von Sauerstoff verschwand. Bert baute nun eine große
oneumatische Kammer, um am Menschen selbst seine Experimente
fortzusetzen.
Die Erfahrungen, welche bei den Vögeln gemacht waren, be-
stätigten sich. Der beschleunigte Atem, der schnellere Puls, Ohren-
sausen, Ohnmachtsanfälle und geistige Erschlaffung verloren sich
sofort, wenn reiner Sauerstoff eingeatmet wurde.
Im Jahre 1903 stellte auch Verfasser auf Veranlassung des Ritt-
meisters v. Lucanus bei Hochfahrten Versuche mit Vögeln verschie-
dener Gattungen an, bei denen es sich herausstellte, daß die nordischen
Zugvögel die größte Widerstandsfähigkeit gegen die Einflüsse der
dünnen Luft und der Kälte besaßen. Jedoch über ca. 5000 m ging
ihre Existenzfähigkeit nicht hinaus.
:) Dr. Schlein kam am 5. Juli 1905 bis auf 7800 m, ohne Sauerstoff zu atmen,