Full text: Die Luftschiffahrt nach ihrer geschichtlichen und gegenwärtigen Entwicklung

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Zwanzigstes Kapitel. 
zu schnell hochzugehen, so muß Ballast hinzugefügt werden, erweist 
er sich als zu schwer, so wird er erleichtert. Bedingung bei dem 
Abwiegen ist es, daß der Ballon genau senkrecht über der Gondel 
sich befindet, weil sonst der Auftrieb nicht zu beurteilen ist. 
Bei starkem Winde ist das Abwiegen sehr schwierig und erfordert 
große Übung. In unserem Fall mußte auf Sigsfelds Befehl der Korb 
losgelassen werden, und während er vom Winde etwa 200—300 m 
weit über das Tempelhofer Feld fortgeschleift wurde, bekamen wir 
ihn durch Auskippen zweier Sandsäcke frei. Die Erleichterung 
brachte das Luftschiff gleich bis in eine Höhe von etwa 800 m, 
Bei regulärer Abfahrt wird nach dem Abwiegen sofort das 
Kommando »Aufziehen« und unmittelbar darauf »Laßt los« gegeben: 
der Ballon ist dem Winde überliefert. 
Auf den Befehl »Aufziehen« wird der Füllansatz geöffnet, der 
deshalb bis zuletzt geschlossen bleibt, weil der Wind sonst zu viel 
Gas aus der Hülle herausdrücken würde. Wenn es vorkommt, daß 
der Füllansatz nicht geöffnet worden ist, so gilt es als Regel, den 
Ballon zu entleeren, weil er andernfalls in größerer Höhe infolge 
der Ausdehnung des Gases platzen würde. Auf Gasablassen durch 
Ventilziehen pflegt man sich nur selten einzulassen. 
Beim Gordon-Bennett-Wettfliegen in Berlin 1908 ereignete es 
sich, daß der amerikanische Ballon »Conqueror« bald nach der Ab- 
fahrt in einigen Hundert Metern Höhe platzte, da das Gas aus dem 
zu langen und zu engen Füllansatz nicht schnell genug entweichen 
ronnte. Aus solchen Vorkommnissen muß man die Lehre ziehen, 
die üblichen Regeln beim Ballonbau genau zu befolgen. 
Ganz besonderen Reiz bieten die Fahrten über eine größere 
Wasserfläche, weil sie eigenartige Genüsse versprechen. Dieselben 
zönnen aber sehr gefährlich werden, denn Abstiege auf Wasser 
haben in seltenen Fällen einen glücklichen Ausgang. Bei der 
Gordon-Benett-Wettfahrt Oktober 1908 gerieten der Ballon des Kölner 
Klubs für Luftschiffahrt mit Dr. Niemeyer und Hans Hiedemann an 
Bord, welche das Meer bis England. von Cuxhaven ab überfliegen 
wollten, bei Helgoland ins Meer. Dem Ertrinken nahe wurden sie 
dank ihrer Geistesgegenwart von einem Dampfer aufgenommen. 
Auch zwei ausländische Ballons gerieten an demselben Tage in der 
Elbemündung und in der Nordsee nahe der Küste ins Wasser und 
wurden gerettet. Am folgenden Tage, bei der Konkurrenz um 
die Flugdauer strandete der Ballon »Plauen« mit Hackstetter und 
Schreiterer an Bord ebenfalls in der Nordsee -und wurde in der
	        
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