Full text: Die Luftschiffahrt nach ihrer geschichtlichen und gegenwärtigen Entwicklung

368 
Zwanzigstes Kapitel. 
mehr westlichen Kurs zu erreichen. Da auch bald das Land in 
deutliche Sicht kam, bestätigte der Kompaß die Richtigkeit des Ver- 
fahrens. Während der dreistündigen Fahrt kamen nur zwei Dampf- 
schiffe in Sicht, von denen das zweite anscheinend anfangs seinen 
Kurs auf den Ballon nahm, später aber wieder abdrehte, vermut- 
lich weil man sah, daß der Ballon sich in keiner Notlage befand. 
Überhaupt darf man wohl nie bei Erwägungen, ob man eine Meer- 
liahrt unternehmen will, auf die Hilfeleistung durch einen Dampfer 
rechnen. Die Erfahrungen von Herbst 1908 haben gelehrt, daß 
es Zufall ist, wenn ein Dampfer einem Ballon zu Hilfe eilen kann, 
and anderseits sind die Rettungsversuche infolge der verschiedenen 
Geschwindigkeiten immer sehr schwierig. 
Gegen 5 Uhr wurde die schwedische Küste erreicht und in 
500 m Höhe direkt über Trelleborg hinweggefahren. Eine ‚kurze 
Beratung erfolgte: soll gelandet oder die Nacht durchgefahren werden? 
Wenn auch schon starke Dämmerung eingetreten war, so war nament- 
lich infolge des frischen Schnees noch genügend Licht, um eine 
Landung in aller Bequemlichkeit vorzunehmen. 
Es waren bei den Erwägungen nur diese beiden Eventualitäten 
ins Auge zu fassen, da man einerseits ohne besonderen Grund nicht 
bei Nacht in fremdem, unbekanntem Terrain zu landen pflegt und 
anderseits wissenschaftlich es nur Wert hatte, bis in den nächsten 
Tag hineinzufahren, um dann noch Beobachtungen an den Instru- 
menten zu machen, die uns ja wegen mangelnder elektrischer Glüh- 
lampen bei Nacht zu machen nicht möglich war. Die Menge des 
Ballastes gewährleistete es, daß wir am Morgen ungeachtet des in 
der Nacht erforderlich scheinenden Verbrauchs noch so viel übrig 
haben würden, um die aufgegebene Hochfahrt doch noch ausführen 
zu können. 
Dieser letzte Umstand war es namentlich, der uns zur Weiter- 
jahrt bewog. 
Die Anstrengungen einer 16stündigen Nachtfahrt bei der er- 
heblichen Kälte, welche uns bevorstand, wurden wohl erwähnt, hatten 
aber keinerlei Einfluß auf unsern Entschluß. Da wir guten Aus- 
blick auf die Erde hatten, mußten wir ein Herantreiben an die Ost- 
ader Westküste Schwedens so frühzeitig merken, daß eine Landung 
cechtzeitig erfolgen konnte. 
Bei der geringen Höhe, in welcher der Ballon dahinzog, trieben 
wir fast direkt auf Malmö zu, ja es erschien sogar, als ob wir es 
sechts liegen lassen würden. Nunmehr, wo wir noch mindestens
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.