Full text: Die Luftschiffahrt nach ihrer geschichtlichen und gegenwärtigen Entwicklung

Der Sport in der Luftschiffahrt. 
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Wir waren nun niedrig genug, um die Reißleine in Tätigkeit 
treten zu lassen. Wir zogen sie alle drei. Der Führer ruft: »Jetzt 
gibt's eine kalte Dusche!« — Ich dachte eine kalte Ente wäre besser, 
— doch, obgleich die Reißvorrichtung sofort funktionierte, kamen 
wir gerade noch auf das linke Illufer, wo wir, da sich der Ballon 
schikanöserweise auf die Seite der Reißvorrichtung gelegt hatte und 
so das Gas noch teilweise gefangen hielt, noch eine kurze Schleif- 
fahrt über Rasen machten — ein wahres Vergnügen, nur Herr Leutnant 
George war dabei in etwas unbequemer Situation — und dann an 
einem Artillerieunterstand (unweit des Elektrizitätswerks) festhingen. 
Jetzt erst — da das Gas wegen der Lage des Ballons nicht völlig 
durch die Reißvorrichtung allein entweichen konnte — ist auch die 
Ventilleine gezogen worden, um die Entleerung zu beschleunigen. 
Vorher ist die Ventilleine nicht angerührt worden. 
Vom Elektrizitätswerk kamen zahlreiche Arbeiter herbei, welche 
uns in dankenswerter Weise noch behilflich waren. 
So — da waren wir wieder in Straßburg. Wir hatten den Ein- 
druck, als ob sich während unserer Abwesenheit nichts verändert 
hätte, und wie der Soldat stolz seine Fahne aus der Schlacht heim- 
bringt, so hatten wir trotz Drähten, Dächern und Schornsteinen 
anseren Frühstückskorb in bester Verfassung gerettet!« 
Man sieht aus dieser Fahrt, daß der Ballonkorb einen tüchtigen 
Stoß aushalten kann, und daß auch die schwierigsten Situationen 
meist gut überstanden werden. Es müssen schon eine Reihe un- 
glücklicher Umstände zusammentreffen, wenn der Ausgang so tragisch 
werden soll wie bei jener Landung, die mit dem Tode von Sigsfeld 
abschloß. 
In neuester Zeit hat sich auch die Flugmaschine den Sport er- 
obert. Zunächst flogen ihre Erfinder und Führer lediglich um die 
Preise, welche von den Förderern der Flugtechnik für besondere 
Leistungen ausgesetzt waren. Santos-Dumont begann mit einem 
Aluge über 50 m in gerader Linie, wofür er den großen Preis Deutsch- 
Archdeacon in der Höhe von 50000 Franken einheimste. Stets 
wurden in der Folge neue Preise ausgesetzt, und die Konstrukteure, 
die viel Geld in ihre Unternehmungen hineingesteckt hatten, wurden 
für ihre Mühen etwas belohnt. 
In Deutschland allerdings hielt man nichts von der neu auf- 
blühenden Industrie, und man schenkte denjenigen bedingungslös 
Glauben, die urbi et orbi verkündeten, die Flugmaschinen hätten 
keine aussichtsvolle Zukunft. Auch die Nachricht über die Erfolge 
Hildebrandt, Die Luftschiffahrt. 2. Aufl. 925
	        
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