Siebenundzwanzigtes Kapitel.
Luftschifferrecht.
Der Verkehr zu Wasser und zu Lande ist durch zahlreiche
and eingehende Vorschriften genau geregelt; der Verkehr in der
Luft harrt dagegen noch der gesetzlichen Bestimmungen.
Auf dem im Jahre 1902 in Brüssel stattgefundenen internatio-
nalen Juristenkongreß ist bereits auch das Recht in der Luftschiffahrt
eingehenden Erörterungen unterzogen.)
In erster Linie bedarf die Frage der internationalen Regelung,
in welcher völkerrechtlichen Beziehung jeweils ein Staatsgebiet zu
dem über ihm liegenden Luftmeer steht. Schon durch das Wort
»Luftmeer« wird man auf einen Vergleich mit dem Meere hinge-
jeitet, in welchem von dem ÜUferstaate das Hoheitsrecht so weit
ausgeübt wird, wie die Kanonenschußweite reicht. Die übrigen
Gebiete sind international. In der Luft herrschen aber ganz andere
Verhältnisse vor. Die Höhe eines Kanonenschusses kann über
4000 m betragen, aber auch noch über diese Zone hinaus kann der
Feind durch Abwerfen von Geschoßen das unter ihm liegende Gebiet
angreifen. Deshalb wird fraglos von den Juristen der gesamte über
einem Lande liegende Luftraum der territorialen Hoheit unterstellt
werden.
Eine weitere äußerst wichtige Frage ist.die, ob es im Frieden
gestattet sein soll, daß Luftschiffe ohne weiteres über fremde Län-
der hinwegfahren dürfen. Gerade in letzter Zeit hat es viele
BReibungen beispielweise mit Frankreich und Rußland, gegeben,
') Annuaire de linstitut de droit international. XIXe Volume 1902. Paris.
A, Padone.