LI. Das Gleichgewicht am Flugzeug.
A, Allgemeines.
Die Flugmaschine ist im Sinne der Mechanik als ein in der Luft frei-
schwebender Körper aufzufassen, der sich unter der Einwirkung der an
ihm angreifenden Kräfte in jedem Augenblick im Gleichgewicht be-
Änden soll.
Wir bezeichnen den Gleichgewichtszustand als stabilen, wenn das
nach eingetretener Störung am Körper auftretende Kräftespiel den
ursprünglichen Zustand wieder zu erlangen sucht. Arbeiten jedoch
die Kräfte auf Vergrößerung der eingetretenen Störung, dann wird der
Zustand als labil bezeichnet.
Ist die Flugmaschine in jeder Lage in Hinsicht auf die ein-
wirkenden Kräfte im Gleichgewicht, dann befindet sie sich im
indifferenten Gleichgewicht.
Die Maschine ist umso stabiler gebaut, je heftiger die störenden
Einflüsse sein dürfen, bevor sich ihre schädliche Wirkung äußert, je
größer die Ablenkung aus der Gleichgewichtslage sein kann, ohne daß
daraus für das Flugzeug eine Gefahr zur Wiederherstellung der ursprüng-
lichen Gleichgewichtslage erwächst.
Wir unterscheiden heute die natürliche von der automatischen
Stetigkeit oder Stabilität des Flugzeugs.
Bei ersterer wird durch besondere Formgebung und gegenseitige
Lagenanordnung der Trag-, Steuer- bzw. Stabilitätsflächen, durch
geeignete Zuordnung von Schwer- und Druckmittelpunkt die Erhaltung
des Gleichgewichtes angestrebt.
Bei der automatischen Stabilisierung soll unter Ausschaltung der
Tätigkeit des Führers, also unabhängig von diesem, die Gleichgewichtslage
durch Verwendung geeigneter Hilfsvorrichtungen aufrecht erhalten
werden.
Diese Art, das Flugzeug im Gleichgewichte zu erhalten, ist erst in
neuerer Zeit Gegenstand ernsten Studiums geworden, ohne jedoch his-
lang eine einwandfreie Lösung gefunden zu haben.
Es mag noch erwähnt werden, daß verschiedene Forscher, wie z. B.
Lanchester, die Ansicht vertreten, es müsse durch besondere Flächen-
anordnung allein eine natürliche, automatische Stabilität zu erreichen
sein.