Theorie der Vortriebsschraube. 249
Ich möchte nun nicht unterlassen, darauf aufmerksam zu machen,
daß eine gewölbte Schraube fast durchgängig erst durch die Erfahrungen
im Prüfstand verbessert werden muß. Es handelt sich dabei immer
darum, die bestimmte Tourenzahl bei den gegebenen PS zu erreichen.
Man hilfe sich hier derart, daß man Durchmesser oder Breite
ändert, bis eben die gewünschte Umdrehungszahl für die gegebenen
PS erreicht ist. Ingenieur Legrand gibt nachstehende Meßresultate
an einem im Fluge befindlichen Voisinapparat bekannt.
Das Gewicht des Apparates betrug im marschfertigen Zustande
580 kg, die Luftschraube hatte D = 2,6m, H = 1,55 m und zeigte
bei n = 1000 am festen Prüfstande 165 kg Zugkraft. Während des
Fluges stieg die Tourenzahl unmerklich höher auf 1010, und die Zug-
kraft nahm auf 110 kg ab: in Prozent ausgedrückt. betrug die Abnahme
33 %:
Der Rücklauf der Schraube machte 24 % aus.
Bei einem zweiten Versuchsapparate, dessen Gewicht 480 kg
betrug, hatte die verwendete Schraube D = 2,8 m, Steigung H = 1,2m
und rotierte mit n = 980 am festen Platze; im Fluge stieg letztere auf
1080 und die Vortriebskraft fiel von 120 kg auf 80 kg, also um 35 %.
9. Einrichtung des Prüfstandes.
Es wurde vorstehend des öfteren bereits betont, von welch hervor-
ragender Bedeutung die praktische Erprobung einer berechneten
Luftschraube auf ihre Leistungsfähigkeit ist; es wurde auch angedeutet,
daß es von besonderem Vorteil sein muß, die Luftschraube unter jenen
Bedingungen zu prüfen, unter denen sie zur Arbeit herangezogen wird,
also im Marsche, wenn möglich im Flugapparate selbst.
Zweckentsprechende Anlagen verwendet seit längerem Graf
Zeppelin in Gestalt eines Dampfbootes, auf dem die Prüfschraube in
einem Gestell montiert wird; eine ähnliche Vorrichtung lernte ich
beim Kgl. Luftschifferbataillon Berlin kennen. Die Siemens-Schuckert-
Werke besitzen gleichfalls eine Prüfanlage, und in jüngster Zeit
war auf der ILA 1909 in Frankfurt eine derartige Anlage ausge-
führt. Letztere bestand aus einem mit einem eisernen Unterbau
versehenen Schienenwagen, der sich mittels Benzinmotors auf einem
fortlaufenden Geleise bewegte, das in der Windhauptrichtung verlegt
war, um möglichst den das Resultat beeinflussenden Seitenwind ab-
zuhalten; auf diesem Fahrgestell waren neben dem Motor die nötigen
Meßvorrichtungen übersichtlich montiert. Ohne Zweifel wäre es prak-
tischer gewesen, einen leichten Schraubenwagen mit elektrischem An-
trieb auf einer in sich geschlossenen kreisförmigen Gleisbahn bewegen
zu lassen, weil man den Einfluß desSeitenwindes so am besten ausmerzt: