Full text: Leitfaden der Flugtechnik

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Die Grundgesetze des Luftwiderstandes. 
geschwindigkeit, sowie der Umstand, daß der Versuchskörper sich in 
seiner ‚,Kielluft‘“ bewegt. 
Vor allem gebührt Lilienthal das Verdienst, auf das Übergewicht 
der gewölbten Fläche, auf ihre Vorzüge gegenüber der ebenen Fläche 
in aerodynamischer Hinsicht hingewiesen und sie praktisch erprobt zu 
haben; es muß das besonders betont werden, weil einzelne Schriftsteller 
sich nicht scheuen, ‚ausschließlich dem Engländer Phillips das Ver- 
dienst zuzuschreiben, die gewölbte Fläche eingeführt zu haben. 
Die von den genannten Forschern gewonnenen Anschauungen 
bilden ein wertvolles Fundament zu dem schwierigen Baue der Aero- 
idynamik, dessen endgültige Vollendung späteren Tagen vorbehalten 
bleiben wird. 
Von Loessl schloß aus seinen Versuchen am Rundlauf durch 
eine theoretisch anfechtbare Überlegung auf das Vorhandensein: eines 
kegelförmig gebildeten Stauhügels vor der Platte, dessen Öffnungs- 
winkel 90° bei der normal gestellten Platte beträgt und bei Drachen- 
stellung verschiedene Gestalt, abhängig vom Neigungswinkel, an- 
nimmt. 
Die Strömung um eine Platte wird hier mit einem Lufthügel toter 
Luft auf der Vorderseite und mit scharfen Knicken im Stromlinien- 
verlauf dargestellt. Auch bei dieser Anschauung vermißt man jede 
Berücksichtigung des Verhaltens der. Luftfäden auf der Rückseite der 
Platte, indem v. Lössl unmittelbar hinter der Platte plötzlich wieder 
eine ungestörte Verteilung der Stromlinien annimmt. 
Auch die von Helmholtz in die theoretische Betrachtung einge- 
führte „unstetige Strömung‘, der Kirchhoff und Lord Rayleigh 
eingehende rechnerische Behandlung gewidmet haben, konnte kein Er- 
yebnis zeitigen, das mit den praktischen Versuchswerten in Einklang 
zu bringen war. Diese Forscher nahmen hinter der Platte einen von 
„toter Luft‘ erfüllten Raum an, der sich bis ins Unendliche erstreckte 
and oben und unten von Flächen begrenzt zu denken ist, die von der 
oberen und unteren Kante der Platte ausgehen und die lebendige 
Strömung von der ‚„Tot- oder Kielluft‘“ trennen. Die gedachten 
Trennungsflächen werden Unstetigkeits- oder Diskontinuitäts- 
flächen genannt. An diesen Stellen findet ein Sprung in der Verände- 
rung der Geschwindigkeit, eine Unstetigkeit statt. Es ist den Strom- 
linien die Möglichkeit genommen, sich hinter der Platte zu schließen 
wegen des sich unbegrenzt hinziehenden Kielraumes, der mit ruhender 
Luft von überall gleichem Drucke angefüllt gedacht wird, während 
der Druck im Strömungsgebiet sich stetig ändert. Diese Theorie fußt 
auf der Annahme, daß die Strömung keinerlei Verschiebung ihrer 
Gleichgewichtslage erfährt, eine Voraussetzung, die mit der hinter 
dem Körver stets beobachteten Saugwirkung im Widerspruche steht.
	        
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