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Geschichtlicher Rückblick. 85
solche Teilung nicht entsprechen, und sie hat zweifellos zur inneren
Desorganisation des humanistischen Gymnasiums noch ein weiteres
Moment beigetragen. Als ganz besonders hemmend und nachteilig
erwies sich die Abschlußprüfung, die um die Übereinstimmung mit
der Realschule herzustellen, hinter das sechste Schuljahr gelegt wurde;
sie ist denn auch bei der letzten Neuordnung wieder. in Wegfall
yekommen.
Der Idee des gemeinsamen Unterbaus zeigte sich die Behörde
überhaupt geneigt. Diese Forderung hatte, wie wir gesehen haben,
1ur für die drei unteren Klassen der Gymnasien und Realgymnasien
durchgeführt werden können; die lateinlose Schule mußte unberück-
sichtigt bleiben, solange jene beiden Anstalten das Lateinische als
arste Fremdsprache trieben. Nur dann war der Gedanke für alle
Schularten durchzuführen, wenn an Stelle des Lateinischen das
Französische zuerst in den Lehrplan trat. Diese Forderung an sich
st alt; sie ist im Laufe des 19. Jahrhunderts immer wieder gelegentlich
aufgetaucht, aber immer entschiedener hatten die Vertreter der
klassischen Bildung sie abgelehnt. Der Verlust dreier Schuljahre und
zerade der ersten drei, die für die formale Bildung die eigentlich
yrundlegenden sind, erschien ihnen unersetzlich. Noch auf der
Dezemberkonferenz von 1890 war das hervorgetreten. Gleichwohl
Yatten die Gegner nicht umhin gekonnt, wenigstens für das Real-
zymnasium die Hinaufschiebung des Lateinischen und damit die
Gleichheit des Lehrplans mit den der drei unteren Klassen der latein-
losen Anstalten als einen berechtigten Versuch gelten zu lassen,
Ein solcher Versuch war bereits seit dem Jahre 1878 durch den
Direktor Schlee an der Altonaer Realanstalt gemacht und hatte zu
Erfolgen geführt, die auch von seiten der Behörde anerkannt wurden.
Bald nach der Dezemberkonferenz wurde nun im Einvernehmen mit
Jjer obersten Leitung des preußischen Schulwesens in Frankfurt a. M.
der gleiche Versuch für das humanistische Gymnasium angebahnt
and führte unter Leitung des Direktor Reinhardt rasch zu ähnlichen
Erfolgen.
Alles in allem genommen wird man Paulsens Urteil über die
Neuordnung unterschreiben müssen:*) „Man kann die Reform von 1892
im ganzen ohne Zweifel als einen ernsthaft gemeinten Versuch ansehen,
das höhere Schulwesen den wirklichen Bildungsbedürfnissen der
Gegenwart anzupassen. Als solcher verdient sie Anerkennung, auch
*) Geschichte des gelehrten Unterrichts II, 609.