Lehrpläne und Lehrbetrieb,
Anstalten, mit Ausnahme Württembergs, im allgemeinen nicht mehr,
da derselbe erfahrungsmäßig allzu oft zu äußerlichem Scheinwissen
geführt hat. Er wird durch eine Lektüre, die nach geschichtlichen
Gesichtspunkten ausgewählt und geordnet ist, mehr als ersetzt.
Neben der Dichtung wird auf allen Stufen auch prosaische
Lektüre behandelt. Auf den unteren Stufen überwiegt sie, auf den
oberen pflegt sie hinter der Poesie zurückzutreten. In den beiden
anteren Klassen hat diese Prosalektüre gleichzeitig den Zweck, in die
vaterländische Geschichte einzuführen; es ist hier wöchentlich eine
Stunde für Erzählungen aus diesem Gebiete angesetzt und die Schul-
bücher enthalten stets eine Reihe von Stücken, welche diesem
Gesichtspunkt dienen und die Hauptgestalten und Ereignisse der
vaterländischen Geschichte in einer dem Alter der Schüler ent-
sprechenden Form zur Darstellung bringen. Auf der obersten Stufe
soll die Prosalektüre besonders dem philosophischen Bedürfnis der
Jugend entgegenkommen, da ein propädeutischer Unterricht in der
Philosophie in den meisten deutschen Staaten nicht existiert (Aus-
nahmen bilden nur Baden und Württemberg). Für wünschenswert
erklären allerdings auch die preußischen Lehrpläne eine in engen
Grenzen zu haltende Behandlung der Hauptpunkte der Logik und
der empirischen Psychologie.
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3. Geschichte.
Allgemeines Lehrziel. Nach Ort und Zeit bestimmte Kenntnis
der epochemachenden Ereignisse der Weltgeschichte, insbesondere
der deutschen und preußischen Geschichte, im Zusammenhange ihrer
Ursachen und Wirkungen. Entwicklung des geschichtlichen Sinnes.
Vortrefflich hat F. Neubauer*) den Sinn dieser Bestimmung er-
äutert: Der Unterricht muß dem Schüler dazu verhelfen, sich ein
solches Maß geschichtlicher Vorstellungen und Kenntnisse anzueignen,
daß er auf die Kenntnis der Vergangenheit gestützt sich in der
Gegenwart, an deren praktischen Aufgaben er einst mitarbeiten soll,
zurecht zu finden vermag. So wird zunächst ein natürlicher Wissens-
trieb befriedigt; es wird ferner einem praktischen Bedürfnis genügt.
Es wird drittens dasjenige hervorgerufen, was wir als historischen
Sinn zu bezeichnen pflegen: das Verständnis für den inneren
Zusammenhang der geschichtlichen Erscheinungen, die Fähigkeit. die
*) Der Unterricht in der Geschichte: in „Die Reform des höheren Schulwesens in
Preußen“ Seite 227—9240.