Full text: Die höheren Lehranstalten und das Mädchenschulwesen im Deutschen Reich (2. Band)

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Zeit neue Aufgaben erwachsen seien, denen die höhere Mädchen- 
schule in ihrer jetzigen Gestalt nicht mehr genügen könne; es sei 
mindestens wünschenswert, daß in der höheren Mädchenschule die 
realistischen Fächer, vor allen Dingen die Naturwissenschaften, stärker 
setont werden und daß eine Einführung der elementaren Mathematik 
auf der Oberstufe den Mädchen auch die logische Schulung gewähre, 
die das Gleichgewicht zu der vorwiegend ästhetischen Bildung der 
höheren Mädchenschule bieten müsse. 
Daß man gleichzeitig von seiten des Unterrichtsministeriums die 
Notwendigkeit einsah, die höhere Mädchenschule in gewissem Maße 
zur Vorbereitungsanstalt für das Universitätsstudium zu machen, zeigt 
die im Jahre 1902 erfolgte widerrufliche Genehmigung sechsklassiger 
Real-Gymnasialkurse, die die Städte Schöneberg und Charlottenburg 
an die ersten sechs Stufen ihrer öffentlichen höheren Mädchenschulen 
angeschlossen haben. 
Das Mädchenschulwesen. 
I. Moderne Aufgaben der Volksmädchenerziehung. 
Die Frauenfrage, die auf dem Gebiete des höheren Mädchen- 
schulwesens zu neuen Forderungen und zu neuen Zielen Anlaß und 
Richtung gegeben hatte, stellte auch in bezug auf die Frauen der 
arbeitenden Klassen der Schule neue Aufgaben. Einmal fällt der 
Umstand ins Gewicht, daß mit der Zunahme der Industriebevölkerung 
die Mädchen weniger als je Gelegenheit haben, hauswirtschaftliche 
Tüchtigkeit und Interesse für das häusliche Leben und ihre Aufgaben 
larin von der Mutter zu lernen. Andererseits geben die geistigen 
Ansprüche, zu denen eine mächtige wirtschaftliche Entwicklung auch 
die Massen erzogen hat, dem Gedanken Nahrung, daß die übliche 
achtjährige Volksschulbildung nicht ausreiche, um die Frau des vierten 
Standes für den Lebenskampf in vollem Maße auszurüsten, um ihr 
gegenüber den vielen verwirrenden und verrohenden Einflüssen einen 
innerlichen geistigen und sittlichen Halt zu geben. Aus diesen Ge- 
danken heraus entstand der Plan einer Fortbildung der Mädchen, die 
einerseits hauswirtschaftliche Kenntnisse und Fertigkeiten in die Auf- 
gaben der Schule hineinzog, andrerseits den Wissensstoff der Volks- 
schule befestigte und erweiterte, sodaß er gerade in dem Alter, in 
dem er eigentlich erst seine rechte Wirkung entfalten konnte, den 
Mädchen von neuem nahe gebracht und ihnen lebendig erhalten 
wurde. Die anderen Aufgaben einer Fortbildung der Mädchen über 
die Volksschule hinaus, die sich aus beruflichen und gewerblichen
	        
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