Jer gegenwärtige Stand des Mädchenschulwesens in Deutschland. 321
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ringere Geübtheit in der Übersetzung eines deutschen Textes in die
iremde Sprache als die Sicherheit und Schnelligkeit des Verständ-
aisses eines fremdsprachlichen Textes maßgebend. Diesen leitenden
Prinzipien entspricht im Französischen folgender Lehrgang:
1. Mittelstufe (VI—IV): Erste Aufgabe ist die Erwerbung einer richtigen Aus-
sprache durch sorgfältige und planmäßige Einübung der fremden Laute zunächst in einem
kurzen propädeutischen Kursus (4—6 Wochen) unter Ausschluß von theoretischen Regeln
über Lautbildung und Aussprache und ohne sog. Lautschrift. Hierbei ist stets vom Laut,
ılcht vom Buchstaben auszugehen. Von vornherein ist neben der richtigen Aussprache
des Einzellautes und des Wortes Gewicht zu legen auf die natürliche Trennung der
5prechsilben, die Bildung und Beobachtung der Sprechtakte und auf den Satzakzent.
Im Anschluß an ein Lese- und Lehrbuch ist allmählich die Kenntnis der regel-
näßigen Formenlehre, der Hilfsverben und der einfachen Wortstellung zu gewinnen.
Alles Seltene und Ungewöhnliche ist bei Seite zu lassen; die Konjugationsübungen be-
schränken sich auf die Verben in er und ir. — Die Sprachübungen schließen sich teils
ın den Lesestoff, teils an konkrete Gegenstände, an Vorgänge des Schullebens oder an
zute, nicht überfüllte Bildertafeln mit Darstellungen aus dem täglichen Leben an. —
Wöchentlich Diktate kleiner durchgearbeiteter oder besprochener französischer Texte zur
Übung des Ohres und zur Übertragung des Lautes in das herkömmliche Schriftbild. —
Übersetzung deutscher Sätze nur, insoweit sie zur Einübung grammatischer Formen und
Regeln sich als notwendig erweisen. Häufige Übungen in der mündlichen Wiedergabe
ınfänglich ganz kurzer, allmählich längerer erzählender Abschnitte. — Erlernen kleiner
‚jedichte, Kindersprüche, Rätsel, Spielreime.
2. Oberstufe (III—I): Lektüre und Grammatik sind getrennt, doch bleibt die
Grammatik die Dienerin. — Möglichst reiche Lektüre ausgewählter leichterer Schriftwerke
im Zusammenhang. Die historische, novellistische und poetische Literatur des neun-
zehnten Jahrhunderts ist zu bevorzugen. Häufige Übungen im zusammenhängenden Lesen
‚ingerer Abschnitte, wobei namentlich auch auf den logischen und rhetorischen Akzent
Au achten ist. — Die Behandlung französischer Gedichte schließt sich am besten an eine
zute Schulsammlung an, welche das neunzehnte Jahrhundert besonders berücksichtigt.
Grammatik: Die Verben in re; gründliche Einprägung der notwendigen unregel-
mäßigen Verben unter Ausschluß aller ungebräuchlichen Zeitwörter und aller seltenen
“ormen. Auf das Gemeinsame gewisser Unregelmäßigkeiten ist hinzuleiten.
Die syntaktischen Hauptgesetze in bezug auf den Gebrauch der Hilfsverba, Wort-
;tellung, Tempora, Indikativ und Konjunktiv, in induktiver Behandlung anschließend an
Mustersätze. (jrundsätze der Syntax des Artikels, Adjektivs, Adverbs, der Pronomina;
die sog. Kasusrektion, Präpositionen; Syntax des Infinitivs und der Partizipien, überall
unter Beschränkung auf das notwendige und gebräuchliche und in induktiver Lehrform,
;odaß die Regel der Schülerin nicht als Verhaltungsmaßregel beim Übersetzen zur Ver-
meidung von Fehlern entgegentritt, sondern als Ausdruck des sprachlichen Tatbestandes
<lar wird,
Das System der französischen Grammatik kann in seinen Hauptzügen in Kl. II
zum Abschluß gebracht werden. In der ersten Klasse mögen dann noch einzelne Kapitel
der Formen-, Wort- und Satzlehre mit der besonderen Absicht sprachlich-logischer
Schulung eingehender behandelt werden, um so die Schülerin auch zur Beobachtung der
‚hr verständlichen Erscheinungen in der jeweiligen Lektüre anzuleiten.
In Sprechübungen, Diktaten, der mündlichen und schriftlichen
Wiedergabe und Umbildung französischer Texte wird eine immer
zrößere Gewandtheit und Selbständigkeit der Schülerinnen angestrebt.
Das Unterrichtswesen im Deutschen Reich. Il