Full text: Die höheren Lehranstalten und das Mädchenschulwesen im Deutschen Reich (2. Band)

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Das Mädchenschulwesen. 
staatliche Anstalt, die der unmittelbaren Aufsicht des Königlichen 
Ministeriums des Kirchen- und Schulwesens untersteht. Es ist mit 
dem unter Königlichem Protektorat stehenden Katharinenstift zu 
Stuttgart in der Weise organisch verbunden, daß dessen Vorsteher 
auch die Leitung des Seminars besorgt und den Verkehr desselben 
mit dem Ministerium vermittelt, und daß das Katharinenstift seine 
Lehrkräfte und Klassen, seine Lokale und Lehrmittel dem Seminar 
nach Bedarf zur Verfügung stellt. Das Seminar umfaßte bisher 2 
Jahreskurse, ist aber in einer Umbildung zu einem dreijährigen System 
vegriffen. Die Aufnahme erfolgt durch Bestehen einer Aufnahme- 
prüfung, in der die Kenntnisse einer zehnklassigen höheren Mädchen- 
schule nachgewiesen werden müssen. Nach dem Ergebnis dieser 
Aufnahmeprüfung werden 12 Württembergerinnen als ordentliche 
Schülerinnen aufgenommen. Für diese ist der gesamte Unterricht 
anentgeltlich, und sie können außerdem Stipendien bis zum Höchst- 
detrage von jährlich 350 Mark erhalten. Die übrigen Teilnehmerinnen 
treten als außerordentliche Schülerinnen ein und zahlen 180 Mark 
jährliches Schulgeld. Der neue Lehrplan für den dreijährigen Kursus 
liegt noch nicht vor. Der Unterricht umfaßt im ersten Jahre 30 
Stunden, im zweiten 32, im dritten 28 Stunden wöchentlich. Das 
Lehrpersonal besteht aus 3 Hauptlehrern, 4 Fachlehrern und 3 Leh- 
rerinnen. Die Lehrerinnen haben an dem Königlichen Seminar in 
Württemberg insofern eine ganz eigenartige Stellung, als sie nicht eigent- 
ch für den Unterricht, sondern als sogenannte Aufsichtslehrerinnen 
angestellt sind. In jeder Klasse ist eine solche Aufsichtslehrerin mit 
der Besorgung der äußerlichen Geschäfte und der Aufrechterhaltung 
der Schulordnung betraut. Sie ist außerdem im Sprachunterricht 
eine gewisse Ergänzung und Aushilfe für den angestellten Sprach- 
lehrer. Die Sprachlehrer nämlich haben die Behandlung des neuen 
Stoffes in Grammatik und Literatur vorzunehmen, während die Lehre- 
innen durch Konversation und Diktate auf die Befestigung dieses 
Stoffes hinzuarbeiten haben. Daneben haben sie Aushilfestunden für 
z<ranke oder beurlaubte Lehrer zu erteilen. 
Der erfolgreiche Besuch des staatlichen Lehrerinnenseminars 
wird nachgewiesen durch eine staatliche höhere Lehrerinnenprüfung. 
Diese Prüfung zerfällt in eine mündliche und eine schriftliche und 
wird in 2 Absätzen abgelegt. Die erste Prüfung nach dem zweiten 
Jahre erstreckt sich auf Religion, deutsche Grammatik, Mathematik, 
Geographie, Naturgeschichte und Naturlehre. Die zweite Prüfung 
findet nach dem dritten Jahre statt und erstreckt sich auf dzutsche
	        
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