Full text: Die höheren Lehranstalten und das Mädchenschulwesen im Deutschen Reich (2. Band)

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Das Mädchenschulwesen. 
bürgerlichen Kollegien im Einverständnis mit der Ortsschulbehörde 
allgemeine Fortbildungsschulen für Mädchen zu errichten berechtigt 
sind und daß es ihnen freigestellt wird, sie obligatorisch zu machen. 
Jedenfalls aber hat der Unterricht für beide Geschlechter getrennt 
stattzufinden. Von dem Besuch der allgemeinen Fortbildungsschule 
sind diejenigen Mädchen befreit, welche nach Entlassung aus ‚der 
Volksschule eine der Fortbildung dienende Schule oder Erziehungs- 
anstalt, auch Frauenarbeits- und Haushaltungsschule unter Teilnahme 
an dem wissenschaftlichen Unterricht derselben besuchen. Die all- 
gemeine Fortbildungsschule hat die Aufgabe, die in der Volksschule 
erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten zu erhalten und in be- 
schränktem Maße den Schülern und Schülerinnen einen neuen Stoff 
des für das praktische Leben notwendigen Könnens und Wissens zu- 
zuführen. Der Unterricht erstreckt sich auf Religion, Aufsatz, Rechnen 
und Realien; sowohl die Aufsatzübungen als der Rechenunterricht 
haben die Bedürfnisse des hauswirtschaftlichen und des einfachen 
bürgerlichen Lebens zu berücksichtigen; eventuell können auch An- 
leitungen zur Führung von Haushaltungsbüchern und einfachen Ge- 
schäftsbüchern gegeben werden. Der zu den Realien gehörende Ge- 
schichtsunterricht hat sich besonders mit den staatlichen und gesell- 
schaftlichen Einrichtungen der Gegenwart zu beschäftigen und findet 
seinen Abschluß in einer Belehrung über Verfassung und politische 
Einrichtung Württembergs und des Deutschen Reiches. Inwieweit 
gerade diese Bestimmung auch für die allgemeine Fortbildungsschule 
der Mädchen durchgeführt wird, ist der Verordnung nicht zu ent- 
nehmen. Geographie und Naturkunde haben ebenfalls die praktischen 
Bedürfnisse, besonders der Landbevölkerung ins Auge zu fassen; sie 
sollen die Kenntnis landwirtschaftlicher und industrieller Produkte, 
der Ein- und Ausfuhr, sowie gewerbliche und technische Elementar- 
xenntnisse vermitteln. 
Neben den allgemeinen Fortbildungsschulen bestehen nun die 
für Mädchen und Knaben obligatorischen Sonntagsschulen, die die 
Schulentlassenen während drei Jahren in 120 Stunden im ganzen 
gleichfalls in den in der Elementarschule erworbenen Kenntnissen zu 
befestigen haben. Der Unterrichtsstoff umfaßt ebenfalls die vier 
Fächer der allgemeinen Fortbildungsschule, nur daß er, weil weniger 
Zeit zur Verfügung steht, wenig neuen Stoff einführen kann. Im 
Realienunterricht soll Gesundheitslehre und in den Sonntagsschulen für 
die weibliche Jugend hauptsächlich Hauswirtschaftslehre an Stelle der 
für die männliche Jugend eingeführten Bürgerkunde betrieben werden.
	        
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