Full text: Die höheren Lehranstalten und das Mädchenschulwesen im Deutschen Reich (2. Band)

30 Grundzüge der Verfassung des höheren Schulwesens in Deutschland. 
den Prüfungsvorschriften im allgemeinen stattgefunden; es haben 
sich aber doch daneben noch einige recht kennzeichnende Unter- 
schiede erhalten. Noch heute unterscheiden die Prüfungsordnungen 
der beiden süddeutschen Königreiche zwischen „Humanisten‘“ und 
„Realisten“ sehr bestimmt. Verschieden lauten hier für beide Teile 
die Bestimmungen über das zu erweisende Maß wissenschaftlicher 
Allgemeinbildung. Den Kandidaten der mathematisch-naturwissen- 
schaftlichen Richtung ist dort und in Sachsen in weit ausgedehnterer 
Weise als in Preußen der Besuch einer technischen Hochschule an 
Stelle der Universität freigegeben. Die beiden alten Sprachen haben 
.n Württemberg und in Bayern ihre Bedeutung als Grundlage und 
Voraussetzung auch für den Erwerb anderer Lehrbefähigungen viel 
fester als im übrigen Deutschland behauptet. Bewerber um die Lehr- 
vefähigungen im Deutschen und in der Geschichte müssen in Bayern 
im I. Abschnitt der Prüfung dieselben Anforderungen erfüllen, wie 
die Altphilologen, und in Württemberg können für das humanistische 
Lehramt diese Fächer überhaupt nur zu den alten Sprachen hinzu- 
genommen werden. Lehrer, deren Lehrbefähigung nicht in den 
alten Sprachen wurzelt, haben in Bayern und Württemberg an den 
Gelehrtenschulen noch gegenwärtig lediglich den Charakter von Fach- 
lehrern behalten, die zur Führung der Klassen und zur Leitung dieser 
Anstalten nicht als berufen gelten. Anderseits ist Fürsorge getroffen, 
daß die „Humanisten“ als hierzu Berufene dem „realistischen“ Unter- 
richt nicht fremd gegenüberstehen: in Bayern durch die Verpflichtung 
zum Hören mindestens eines mathematischen oder naturwissenschaft- 
lichen Kollegs, und in Württemberg durch die ihnen nahegelegte und 
teilweise erleichterte Ergänzungsprüfung in realistischen Fächern. 
Mathematiker, Naturwissenschafter und Neuphilologen mit geringerer 
Zeugnisnote sollen in Bayern an den Gymnasien nur in Ermangelung 
besserer Kandidaten zur Verwendung kommen, können dies jedoch 
öhne Einschränkung an den Industrie- und sechsklassigen Realschulen. 
Religionslehre bildet, abweichend von Preußen und Sachsen, in 
Bayern und Württemberg keinen Prüfungsgegenstand, weder in der all- 
gemeinen, noch in der Fachprüfung. Der Religionsunterricht wird hier zu- 
meist von Geistlichen erteilt, in Württemberg daneben auch von theolo- 
zisch geprüften Lehrern und auf der Unterstufe von den Kollaboratoren. 
In Leipzig und Gießen gibt es ordentliche Professuren der 
Pädagogik, an den anderen deutschen Universitäten sind Honorar- 
und außerordentliche Professoren hierfür bestellt, oder sie wird von 
den Philosophen mit übernommen. 
deı 
wül 
Pre 
ein 
Lis 
UL 
sol 
jah 
ihr 
Be: 
ste 
cli« 
Pe‘ 
na: 
be: 
ste 
de 
K: 
Zt 
Ste 
fe 
K 
die 
fo! 
Zu 
be 
fre
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.