Full text: Das technische Schulwesen

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b) Allgemeinbildung, Willen und Charakter. 
Bei der heutigen Bedeutung der Technik genügen aber technische 
ınd wirtschaftliche Kenntnisse noch nicht, wenigstens nicht für höhere 
Ansprüche. Die neuzeitliche Technik übt einen .zu grossen Einfluss 
auf unser Kulturleben aus, als dass nicht — mehr als manchmal bis- 
her der werdende Techniker Gelegenheit finden müsste, den Zusammen- 
hängen der Kulturentwicklung nachzugehen, damit er sie später im 
Leben zu erkennen und zu berücksichtigen vermag. *) 
Manches vermöchte hiezu schon die geschichtliche Betrachtung der 
einzelnen technischen Gebiete beizutragen. Wieviel Kulturentwicklung 
steckt nicht in der Geschichte der Technologie, des Eisenbahn-, Brücken- 
und Strassenwesens, vom Wasserbau, speziell der Kulturtechnik ganz zu 
schweigen. Allerdings nur wenig wird dieses Kapital heute ausgenützt. 
Eine einigermassen gesicherte Geschichte der Technik oder gar ihrer Teil- 
gebiete ist erst im Werden, man hat erst begonnen Bausteine zu sammeln. 
Die aber wenigstens sollte man den Lernenden bieten. 
Und nun sehe ich noch einen Mangel: Wer führender Techniker 
werden will, muss überhaupt ein gebildeter Mensch sein, muss eine ver- 
tiefte Allgemeinbildung erhalten. Ihre lehrhafte Vermittlung aber 
ist immer nur zu einem geringen Teile möglich. Denn Bildung besteht 
nicht aus Einzelkenntnissen, etwa in Fragen der Weltanschauung, Kunst, 
Literatur und Geschichte, sondern in deren innerer Vereinigung und Ver- 
arbeitung zu selbständigem, geistigen Leben. Und auch damit 
ist es nicht getan, denn Bildung setzt noch Willens- und Charakter- 
entwicklung d.h. also Erziehung zu entsprechender Gesinnung voraus. 
All diese Dinge kann ein Fachstudium allein nicht leisten. Es ist 
als solches einseitig und muss es sein. Es vermittelt nur Nützliches und 
keine Erkenntnis, erzieht Intelligenzen aber nicht.Persönlich- 
keiten, es schafft Fachleute aber keine Menschen. Und — leider — 
glaube ich,‘ gilt dies für keinen Beruf mehr als für den ‚des Technikers 
mit seiner gehetzten Arbeitsweise. Unser Gehirn triumphiert auf Kosten 
der Seele und den Ingenieuren, die reine Fachmenschen wer- 
den, mangelt es an tieferer Menschlichkeit. Das aber ist wohl 
der tiefste Grund, warum sie als Ganzes gewonnen in der Schätzung der 
Allgemeinheit nicht so hoch stehen, als wir gerne wünschen würden. 
Unsere einseitig fachliche Einstellung aber ist wohl auch eine Ursache, 
warum verhältnismässig wenige Ingenieure auf allgemein menschlichen, 
politischen und geistigen Gebieten Grosses geleistet haben. 
Das Bewusstsein dieses Mangels scheint mir heute noch wenig ver- 
breitet zu Sein, sonst könnte man nicht‘ immer wieder auf Grund miss- 
verstandener demokratischer Grundsätze verlangen, den Aufstieg von einer 
technischen Schule zur andern fast ausschliesslich abhängig zu machen 
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*) Mancher wird hiefür wertvolle Anregungen entnehmen können den Schriften: 
A. Wendt: Die.Technik als Kulturmacht, Berlin 1906. — O. Wiener: Physik und Kul- 
turentwicklung, Leipzig-Berlin 1919. — Dillmann: Die Mathematik, die Fackelträgerin 
ainer neuen Zeit, Stuttgart 1889. 
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