Abgang Ulrichs, die Oberleitung in Ulm erhalten hatte. Damit er-
schöpfte sich die Familientätigkeit aber noch nicht: Matthäus hatte
wiederum drei Söhne, die alle Baumeister wurden und zum Teil die
Arbeiten des Vaters fortführten. Ein Münsterbau wie der in Ulm,
war wie ein Lebewesen, das während vieler Jahrzehnte langsam
wuchs und mehrere Geschlechter von Baumeistern verbrauchte.
Ein anderes Beispiel einer weitverzweigten Baumeisterfamilie bil-
deten später die Böblinger. Der Stammvater war Meister Hans
Böblinger d. Ä., der um 1420 geboren war, im Jahre 1435 schon
in Konstanz arbeitete und 1439 in württembergische Dienste trat.
In Eßlingen wurde der Frühreife, auf Empfehlung des Meisters Mat-
thäus Ensingen, Parlier am Bau der Frauenkirche und Oberleiter
„ach Matthäus’ Tode. Er kam schnell zu Ruhm und zu Aufträgen.
Auf dem Steinmetztag in Regensburg im Jahre 1459 unterschrieb
4er Neununddreißigjährige schon an fünfter Stelle, auf dem Stein-
metztag in Speyer im Jahre 1465 stand seine Unterschrift an zweiter
Stelle. Er starb 1482 und wurde in der von ihm mächtig geförder-
ten Eßlinger Frauenkirche begraben. Fünf Söhne — Hans, Mat-
thäus, Marx, Lux und Dionysius — waren Baumeister; sie
halfen dem Vater und arbeiteten in Köln, Eßlingen, F rankfurt,
Konstanz usw. Matthäus Böblinger hatte zeitweise die Oberlei-
tung des Ulmer Münsters. Dort zeigten sich im Jahre 1492 Risse im
Turm, weil er ungenügend fundamentiert worden war. Die Schuld
hatte der eilig vorwärtsstürmende Meister Ulrich Ensingen gehabt;
lie Vorwürfe richteten sich jedoch, wie es so der Welt Lauf ist, ge-
gen Matthäus Böblinger, der daraufhin der Stadt verwiesen wurde.
Eine Tochter Hans Böblingers heiratete zuerst einen Baumeister
Stefan und nach dessem Tode einen Baumeister Martin von
Diessen.
Aufschlußreich für die Berufsauffassung der gotischen Zeit ist auch
die Familie der Parler, ein Name, der von Parlier abgeleitet wor-
den ist. Der Stammvater, Meister Heinrich d. Ä. stammte aus
Schwäbisch-Gmünd; er war dort im ersten Jahrzehnt des vierzehn-
ten Jahrhunderts Magister einer Bauhütte und hat vielleicht am
Chor in Ulm gebaut. Von ihm zweigen zwei Linien ab, eine süd-
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