Full text: Die Photographie im Dienste des Ingenieurs

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6. Sie gestattet die Beurtheilung der malerischen Wirkung eines 
projectirten Baues mit Rücksicht auf seine Umgebung. Die Methode, die 
Hauptumrisse einer Brücke, eines Hochbaues in die von einem günstigen 
Standpunkte aus aufgenommene Photographie einzuzeichnen, ist behufs 
Untersuchung der Verhältnisse des Bauwerkes zur Umgebung längst üblich; 
doch meist höchst unvollkommen, wenn die geometrischen Beziehungen des 
Bildes zum Aufnahmepunkte nicht bekannt sind. Zeichnet man in den photogram 
metrisch entwickelten Grundriss des Terrains den Bau ein, so ist es leicht 
möglich die richtigen Verhältnisse wieder in das Bild zurück zu übertragen. 
7. Die photographischen Aufnahmen bilden Documente, deren äusserst 
leicht herstellbare Copien von absoluter Originaltreue sind. Hinsichtlich der 
leichten Copienentnahme möge insbesondere auf das Diapositiv-Verfahren auf 
merksam gemacht werden, welches darin besteht, dass man in der Dunkelkammer 
eine lichtempfindliche Platte unter das Negativ legt, einen Moment Tages 
oder Gaslicht einfallen lässt und dann die Platte wie ein gewöhnliches 
Negativ entwickelt und fixirt. Man erhält eine Photographie auf Glas, in 
welcher das Bild des Gegenstandes in seinen natürlichen Lichtabstufungen, 
also lichte Stellen durchsichtig erscheinen. Die Verwendung solcher Diapositive, 
welche bei vollständiger Schonung des Originals ein Einreissen und Beschreiben 
von Punkten gestattet, deren Lage durch Verzerrungen des Bildträgers 
(Papiercopien) nicht leidet, eignet sich ganz vorzüglich für genaue Aufnahmen; 
sie sind in grösserer Anzahl in mehreren Minuten herstellbar. 
8. Die ausserordentliche Einfachheit des Verfahrens gestattet ohne 
Schwierigkeit jedem Fachmanne, aus den Aufnahmen die Pläne zu entwickeln, 
während z. B. tachymetrische Aufnahmen nur auf Grund äusserst sorgfältiger 
Aufschreibungen und Skizzen von anderen als jenen ausgetragen werden können, 
welche die Aufnahme selbst besorgt haben. Geh.-R. Meydenbauer hat in 
Berlin den Plan des Ruinenfeldes von Persepolis construirt, zu dem ihm Stolze 
die in 6 Tagen an Ort und Stelle aufgenommenen 200 Platten geliefert hatte. 
9. Sie ermöglicht die Festlegung der Veränderungen eines Gebietes in 
der Zeit. Von besonderer Wichtigkeit wird sie hiedurch für das Studium 
natürlicher Veränderungen der Erdoberfläche, also insbesondere für die 
Aufnahme von Rutschungen im Eisenbahnerhaltungsdienste, in Bewegung 
befindliche Bahnen, für die Aufnahme von Gletschern, zu welch 1 
letzterem Zwecke die Methode bereits mit grossem Erfolge von den Herren 
Dr. Finsterwalder, Dr. Blümcke und Dr. Hess 1888 und die weiteren 
Jahre benützt wurde. Photogramme zu bestimmten Zeiten aufgenommen, 
gestatten die Fortschritte eines Baues nach Maass und Ort genau zu verfolgen, 
Deponir- und Zimmerplätze zu controlliren u. s. w.; eine Methode, welche für 
den Bau selbst vielfach Anwendung gefunden, für die Geschichte und das 
Studium eines Baues von ausserordentlichem Werte ist. 
10. Da die Aufnahme eines Bildes unter Zuhilfenahme eines Momentan 
verschlusses und besonders empfindlicher Platten in verschwindenden Bruch- 
theilen einer Secunde vollzogen werden kann, wird es möglich, von in 
Bewegung befindlichen Fahrzeugen (Schiffen etc.) aus, Aufnahmen vorzu- 
nelimen, hiedurch Küsten etc. festzulegen, indem man z. B. für das erste
	        
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